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Dekolonisation

  • Version 1.0
  • publiziert am 26. April 2018

1. Einleitung

‚Dekolonisation‘ bezeichnet sowohl die Entwicklungen, die auf das Ende einer Kolonialherrschaft hin gerichtet sind, als auch die durch ihr Ende ausgelösten und auf die Unabhängigkeit folgenden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozesse. Der Begriff wirft zeitliche, geographische und inhaltliche Abgrenzungsfragen auf. Der vorliegende Beitrag folgt dem Vorschlag Jürgen Osterhammels, den Begriff der Dekolonisation eng zu fassen und in der Geschichte des 20. Jahrhunderts zu verorten als „die gleichzeitige Auflösung mehrerer interkontinentaler Imperien innerhalb eines kurzen Zeitraums von etwa drei Jahrzehnten (1945–75), verbunden mit […] der historisch einmaligen und voraussichtlich unumkehrbaren Delegitimierung jeglicher Herrschaft, die als ein Untertanenverhältnis zu Fremden empfunden wird.“1Osterhammel, Jürgen: Dekolonisation. Das Ende der Imperien. München 2013: C.H. Beck, 7.

Die Dekolonisation stand in engem Verhältnis zur Entstehung neuer Nationen. Sie kann auch als letzte große Welle der Nationalstaatsgründung verstanden werden, die zu einer Zeit stattfand, zu der die Idee des Nationalstaats ihren Zenit erreicht hatte und es zu ihr keine Alternativen mehr gab.2Vgl. Anderson, Benedict: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts. Berlin 1998: Ullstein, 100–121. Im Prozess der Nationswerdung waren ⟶Heldenfiguren als Teil eines nationalen Narrativs und nationaler Erinnerung von großer Bedeutung, um Identifikation und Kohäsion zu stiften (vgl. ⟶Nationalheld). ⟶Heroisierung, ⟶Deheroisierung und Umdeutung von Heldennarrativen wurden maßgeblich durch das Verhältnis zur ehemaligen Kolonialmacht und das Zustandekommen der Unabhängigkeit geprägt. In der überwiegenden Zahl der Fälle verlief die Loslösung von der ehemaligen Kolonialmacht gewaltsam3Vgl. Osterhammel: Dekolonisation, 2013, 9.; die Frage nach der Bedeutung militärischer, zumeist männlicher, Formen des Heldentums und nach möglichen alternativen Heroisierungsstrategien verdient daher besondere Aufmerksamkeit.

2. Umgang mit kolonialen Helden

2.1. Demontage kolonialer Helden

In vielen Kolonien betrieben die Kolonialmächte, insbesondere Großbritannien und Frankreich, eine aktive Heroisierungspolitik. Dies war besonders ausgeprägt in Afrika der Fall. Da dem vorkolonialen Afrika ein extrem niedriger Zivilisierungsgrad zugeschrieben wurde und das Landesinnere bis ins 19. Jahrhundert für Europäer in weiten Teilen terra incognita war, ließen sich demgegenüber die Leistungen von Europäern als ⟶Entdecker, Eroberer, Zivilisatoren, Missionare, humanitäre Helfer und Konstrukteure moderner Gesellschaften hervorheben, die heroisch die Ordnungsmacht über einen Kontinent errangen, dessen Natur als ebenso ungezähmt und bedrohlich wahrgenommen wurde wie seine Bewohner. Die Etablierung kolonialer Helden manifestierte sich zum Beispiel in der Toponymie, in der Benennung von Institutionen und der Errichtung von Monumenten.4Vgl. hierzu grundlegend Sèbe, Berny: Heroic Imperialists in Africa. The Promotion of British and French Colonial Heroes, 1870–1939. Manchester 2013: Manchester University Press. Umso wichtiger wurde die Heroisierung von Kolonisatoren als Symbol ihrer humanitären Mission, wenn es zu Widerstand in der Bevölkerung kam und dieser mit Mitteln bekämpft wurde, die allen humanitären Grundsätzen des Völkerrechts widersprachen.5Vgl. Malinowski, Stephan: „Modernisierungskriege. Militärische Gewalt und koloniale Modernisierung im Algerienkrieg (1954–1962) “. In: Kruke, Anja (Hg.): Dekolonisation. Prozesse und Verflechtungen 1945–1990. Bonn 2009: Dietz, 213–248.

In zahlreichen Staaten, insbesondere in solchen mit ⟶gewaltsamen Dekolonisationsprozessen, führte der Wunsch nach einem radikalen Bruch mit der kolonialen Vergangenheit auch dazu, dass nach der Unabhängigkeit das nationale Heldengedenken von kolonialen Figuren gesäubert wurde. Manche von ihnen wurden in Antihelden verkehrt, wie etwa die britischen Offiziere Charles George Gordon (1833–1885) und Horatio Herbert Kitchener (1850–1916) im Sudan; dies machte es gleichzeitig möglich, jede lokale Opposition gegen sie zum nationalen Befreiungskampf umzudeuten. Selbst europäische Heldenfiguren, die nicht unmittelbar in koloniale Eroberungen oder gewaltsame Unterdrückung von Widerstand verwickelt waren, wurden nun als fremde Helden eingestuft, deren Verehrung allenfalls Europäern zustehe, während sie im Heldenkosmos des neuen Nationalstaats lokal verwurzelten Heroen Platz machen sollten.6Vgl. Sèbe, Berny: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation-Building? British and French Imperial Heroes in Twenty-First-Century Africa“. In: The Journal of Imperial and Commonwealth History 42.5 (2014), 936–968, hier 936.

Denkmal für General Gordon in Khartum
Denkmal für General Gordon
Denkmal für General Gordon
Denkmal für General Gordon
Reiterstandbild mit Kamel, Bronze. Khartum, Sudan. Fotografie des Matson Photo Service, vermutlich 1936.
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Gemeinfrei

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Library of Congress Prints and Photographs Division

Denkmal für General Gordon
Reiterstandbild mit Kamel, Bronze. Khartum, Sudan. Fotografie des Matson Photo Service, vermutlich 1936.

Als sichtbarste Manifestation der Demontage kolonialer Heroen wurden vielerorts Statuen entfernt, so etwa das ⟶Reiterstandbild von Marshal Bugeaud (1784–1849), dem Eroberer Algeriens, in Algiers oder die Statue, die General Gordon auf einem Kamel darstellte, in Khartum (siehe Abb. 1). Außerdem kam es zu zahlreichen Umbenennungen.7Vgl. Trotman, David V.: „Acts of Possession and Symbolic Decolonisation in Trinidad and Tobago“. In: Carribean Quarterly 58.1 (2012), 21–43. Dies konnte Straßen betreffen, Institutionen wie etwa das Gordon College und die Kitchener School of Medicine in Khartum, die zur Universität Khartum wurden, oder auch ganze Staaten wie Nord- und Südrhodesien, die nach ihrer Unabhängigkeit in Sambia und Simbabwe umbenannt wurden.8Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation-Building?“, 2014, 940–945. In der Demokratischen Republik Kongo erhielt die Hauptstadt Leopoldville den Namen Kinshasa. Auch Stanleyville, benannt nach Henry Morton Stanley (1841–1904), der den Kongo erst erforscht und dann für den belgischen König Leopold erworben hatte, und der Stanley Pool wurden umbenannt; die kolossale Statue Stanleys in Kinshasa wurde gestürzt. Ein symbolträchtiges Foto Guy Tillims zeigt, wie die überlebensgroße Figur, oberhalb der Knöchel abgebrochen, auf einem Brachgrundstück entsorgt wurde, abgelegt auf einem rostigen Schiff, gegen das ein Junge uriniert (vgl. Abb. 2) – eine mehrdeutige Inszenierung, die Indifferenz wie auch Verachtung zum Ausdruck bringen kann.9Berenson, Edward: Heroes of Empire. Five Charismatic Men and the Conquest of Africa. Berkeley / Los Angeles 2011: University of California Press, 273. Nicht immer ist es leicht, zwischen beiden Einstellungen zu trennen, denn der Versuch der radikalen Distanzierung von kolonialen Helden vollzog sich weder flächendeckend und konsistent noch linear. Vielerorts wurden koloniale Heroisierungen stillschweigend beibehalten, möglicherweise aus Mangel an politischem Willen zu ihrer Beseitigung oder aus Gleichgültigkeit.10Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building? “, 2014, 945–946. In anderen Fällen wurden koloniale Heldenerzählungen aktiv umgedeutet oder aber nach einer Phase der Zurückweisung oder Marginalisierung wiederbelebt.

Gestürzte Statue Henry Morton Stanleys
Gestürzte Statue Henry Morton Stanleys
Gestürzte Statue Henry Morton Stanleys
Gestürzte Statue Henry Morton Stanleys
Fotografie von Guy Tillim aus der Serie „Leopold and Mobutu, Democratic Republic of Congo“ (2003).
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Zitat eines urheberrechtlich geschützten Werks (§ 51 UrhG)

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Agence VU’

Gestürzte Statue Henry Morton Stanleys
Fotografie von Guy Tillim aus der Serie „Leopold and Mobutu, Democratic Republic of Congo“ (2003).
Quelle: Agence VU’
Lizenz: Zitat eines urheberrechtlich geschützten Werks (§ 51 UrhG)

2.2. Aneignung, Umdeutung und Wiederbelebung kolonialer Helden

2.2.1. Humanitäre Helden

Zahlreiche koloniale Heldenfiguren standen in einem Spannungsfeld zwischen Verdiensten, die sie sich zum Beispiel um Versorgung und Infrastruktur einer Kolonie oder die Abschaffung der Sklaverei erworben hatten, und ihrer Funktion als aktive Stützen eines kolonialen Regimes. Besonders prononciert tritt diese Spannung bei medizinischen Helden zutage, die unter einem Kolonialregime eine ärztliche Versorgung aufbauten, humanitäre Verdienste erwarben und oft große persönliche Opfer brachten. Gleichzeitig waren sie in der postkolonialen Ära der Kritik ausgesetzt, sich in den Dienst einer „zivilisierenden Mission“ gestellt, Mission betrieben sowie paternalistische Wert- und Ordnungsvorstellungen umgesetzt zu haben, etwa mit Bezug auf Konzepte von Rasse oder psychischer Krankheit. Oft kam es angesichts dieser Spannung und des kontroversen Status dieser Figuren und ihres Wirkens im Ergebnis zu einer zurückhaltenden oder zwiespältigen Erinnerungskultur anstelle einer radikalen Distanzierung. So ist zwar der französische Arzt Eugène Jamot (1879–1937), der sich in Kamerun der Bekämpfung der Schlafkrankheit verschrieb, weit davon entfernt, ein Nationalheld zu sein, doch ist ihm eine Statue in Yaoundé gewidmet, wo es auch ein nach ihm benanntes Krankenhaus gibt.11Vgl. Taithe, Bertrand / Davis, Katherine: „‚Heroes of Charity?‘ Between Memory and Hagiography: Colonial Medical Heroes in the Era of Decolonisation“. In: The Journal of Imperial and Commonwealth History 42.5 (2014), 912–935, hier 923–924. Der Staat Kamerun gab anlässlich seines 100. Geburtstags eine Briefmarke zu seinen Ehren heraus (vgl. Abb. 3).

Ungleich berühmter ist der elsässische Arzt Albert Schweitzer (1875–1965), der Gründer des „Buschkrankenhauses“ in Lambaréné in Gabun und Friedensnobelpreisträger, dessen Haus und Grab heute Gedenkstätten sind und dem der Staat Gabun ebenfalls Briefmarken widmete (vgl. Abb. 4). Anlässlich seines Todes mahnte der damalige Präsident Gabuns, Le’on M’ba, sein Werk dürfe nie in Vergessenheit geraten. Unterhalb der Ebene des offiziellen Gedenkens ist die Figur Schweitzers in Gabun allerdings Gegenstand nicht nur hagiographischer Betrachtungen, sondern auch satirischer Kritik.12Vgl. Taithe / Davis: „‚Heros of Charity?‘“, 2014, 924–926. Letztere kommt zum Beispiel in dem Film Le Grand Blanc de Lambaréné (Gabun 1994) zum Ausdruck, der Schweitzers Heldenstatus dekonstruiert, indem er aus der Perspektive eines jungen afrikanischen Verehrers einen Prozess der Desillusionierung nachzeichnet. Im Mittelpunkt der Demontage des Helden stehen dabei dessen Desinteresse an afrikanischer Kultur und einheimischen Sprachen und sein Unverständnis gegenüber der erstarkenden Unabhängkeitsbewegung, die ihn zu einem untauglichen Heroen der neuen postkolonialen Ära machen.13Vgl. Koplik, Mark: „Le Grand Blanc de Lambaréné“. In: Film Notes. Online unter: https://www.albany.edu/writers-inst/webpages4/filmnotes/fns98n4.html (Zugriff am 02.03.2018). (Siehe auch debunking.)

2.2.2. Wiederbelebung kolonialer Helden

Bei manchen kolonialen Heldenfiguren in Afrika kam es im Zuge der Dekolonisation zunächst zu einer Verdrängung aus der nationalen Erinnerung, zu Beginn des 21. Jahrhunderts aber zu einer Wiederentdeckung. Die wachsende Distanz zur Kolonialzeit ermöglichte größere Gelassenheit im Umgang mit ihrem Erbe und führte zu einer erhöhten Bereitschaft, sie als Teil der nationalen Geschichte zu verstehen. Zudem war in vielen ehemaligen Kolonialstaaten Afrikas eine Desillusionierung gegenüber den Helden des Unabhängigkeitskampfes zu beobachten, deren Verehrung durch die Wahrnehmung von Korruption, diktatorischer Herrschaft und mangelnden Entwicklungserfolgen überlagert wurde. Eine zunehmend globale Orientierung vieler afrikanischer Eliten führte zudem zu dem Wunsch nach einer kosmopolitischeren Ausrichtung des nationalen Narrativs.

Vor diesem Hintergrund bot sich die erneute Heroisierung kolonialer Heldenfiguren an, die vielfältige Vorteile versprach. Viele Staaten verbanden mit ihr das Ziel, ihre wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zur ehemaligen Kolonialmacht zu stärken. Die Hoffnung auf wachsenden Tourismus aus Europa konnte ebenfalls dazu beitragen, Erinnerungsstätten an koloniale Helden zu pflegen, zu restaurieren oder gar neu zu errichten. In Staaten, in denen das Christentum die dominante Religion war, begünstigte das Motiv des Gedenkens an die Verkündigung des Christentums die Heroisierung kolonialer Figuren. All diese Aspekte kamen zum Tragen, als in Sambia das Gedenken an den zweihundertsten Geburtstag David Livingstones (1813–1873) unter Federführung eines in der Stadt Livingstone eingesetzten Komitees feierlich begangen wurde. Sogar die Schaffung kolonialer Grenzen konnte im Zusammenhang mit einer Reihe von Jubiläen, wie etwa in Nigeria, als Meilenstein der nationalen Geschichte gefeiert werden und einen europäischen Kolonialbeamten zum nationalen Helden aufwerten.14Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 2014, 946–951.

Ein besonders hervorstechendes Beispiel dieser Form des Heldengedenkens ist die Errichtung eines repräsentativen Monuments im Gedenken an Pierre Savorgnan de Brazza (1852–1905), den Begründer der französischen Kolonie Kongo, in der Hauptstadt Brazzaville. In der Republik Kongo war die Erinnerung an Brazza durchgehend positiv besetzt gewesen; Versuche der Dekonstruktion blieben aus.15Vgl. Berenson: Heroes of Empire, 2011, 275. Die Grundsteinlegung für das Gebäude aus weißem Marmor fand 2005 in Anwesenheit des französischen Präsidenten Jacques Chirac statt. Mitsamt einer sechs Meter hohen Statue des Helden wurde es in weniger als einem Jahr errichtet, woraufhin die sterblichen Überreste Brazzas, seiner Frau und seiner Kinder in die Krypta überführt wurden. In dem gespaltenen, ethnisch und linguistisch diversen sowie durch Kriege, Armut und Korruption gezeichneten Land, in dem die antikolonialen „starken Männer“ der 1970er-Jahre keine Anziehungskraft mehr entfalten konnten, sollte die Erinnerung an den von außen stammenden Helden einigend wirken und eine Verbindung nach Europa schaffen.16Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 2014, 953–962; Berenson: Heroes of Empire, 2011, 283–285.

Statue Gustave Borgnis-Desbordes’ in Bamako
Statue des französischen Eroberers Gustave Borgnis-Desbordes
Statue des französischen Eroberers Gustave Borgnis-Desbordes
Statue des französischen Eroberers Gustave Borgnis-Desbordes
Place des Explorateurs, Bamako, Mali.
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Statue des französischen Eroberers Gustave Borgnis-Desbordes
Place des Explorateurs, Bamako, Mali.
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In Mali veranlasste in einer Phase erfolgreicher Demokratisierung und eines relativ spannungsfreien Verhältnisses zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich Präsident Alpha Oumar Konaré (1992–2002) die Errichtung eines repräsentativen Ensembles zu Ehren der französischen „Entdecker“ und „Regenten“ in Bamako. Zahlreiche Skulpturen sollten an diese Ära der Landesgeschichte erinnern, einschließlich einer Statue von Gustave Borgnis-Desbordes (1839–1900), eines der Eroberer von Französisch-Sudan (siehe Abb. 5). Der Fall Mali verdeutlicht allerdings auch, welche Konflikte die staatliche Aneignung kolonialer Helden auslösen kann. Teile der Öffentlichkeit äußerten heftige Ablehnung gegenüber einer Wiederbelebung des kolonialen Erbes und der aus ihrer Sicht verfehlten Heroisierung gewaltsamer Eroberer und ausländischer Machthaber (vgl. Quelle 1). Eine gänzlich andere Stoßrichtung hatten die Proteste der Bevölkerung von Ségou, die sich dagegen wehrte, dass eine Statue von General Louis Archinard (1850–1932), dem Eroberer der Stadt und erstem Gouverneur von Französisch-Sudan, nach Bamako transportiert werden sollte. Zwar war die Statue, gleichzeitig mit der Umbenennung des Boulevard Archinard, nach der Unabhängigkeit abgebaut worden; doch der erfolgreiche Protest gegen ihre Überführung nach Bamako führte dazu, dass sie mit Hilfe von Spenden aus Frankreich restauriert und in Ségou wieder aufgestellt wurde.17Vgl. Jorio, Rosa de: „Politics of Remembering and Forgetting. The Struggle over Colonial Monuments in Mali“. In: Africa Today 52.4 (2006), 79–106; Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 952–953. Hier richtete sich der Protest also nicht gegen das Gedenken an einen Repräsentanten der Kolonialmacht, sondern gegen dessen Zentralisierung.

Kritik an der Umsetzung der Statue Archinards in Mali

„In the 1940s and 1950s, in secondary school, history that was taught to pupils consisted in honouring the heroes of colonisation in the following way: Bugeaud in Algeria, Faidherbe in Senegal, Lyautey in Morocco, Gallieni in Madagascar, Savorgnan de Brazza in the Congo. These mnemonic methods devised by teachers who had no doubts about the benefits of colonisation violated outrageously the conscience of our young children. I would like to know the Malian who came with the idea of excavating the inmost depths of history to bring back to the surface this refuse which history had condemned and buried. He could as well had asked us to weave laurel wreaths for Gallieni, Rebenne, Colonel Bonnier, Robard, Roccasséra, Renaud and others.“

Samba Sow, Erection du monument Archinard à Ségou: l’acte inqualifiable du gouverneur Abou Sow, L’Indépendant, 26 Feb. 2009.


Quelle: Sèbe, Berny: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation-Building? British and French Imperial Heroes in Twenty-First-Century Africa“. In: The Journal of Imperial and Commonwealth History 42.5 (2014), 958.

2.2.3. Konkurrierende Kolonialismen

In einigen Ländern Südostasiens lässt sich wiederholt eine Aufwertung und Heroisierung britischer Militärs beobachten, die den Zweiten Weltkrieg als Bezugspunkt hat. In den Gebieten des heutigen Myanmar und Malaysia hatte damals Japan Großbritannien als Kolonialmacht abgelöst. In beiden Ländern führte dies zu Härten für das einheimische Militär und die Zivilbevölkerung bis hin zu Massakern durch die japanische Armee. Die Ablehnung der japanischen Besatzung durch die Bevölkerung hatte zur Folge, dass es bis heute immer wieder zu Ritualen des Heldengedenkens an britische Militärs kommt, die im Zweiten Weltkrieg in Südostasien gegen Japan kämpften. In diesem Fall sind es konkurrierende Narrative der Besatzung und Unterdrückung, die zu überraschenden Heroisierungen von Vertretern einer früheren Kolonialmacht führen können oder auch von Einheimischen, die mit ihnen assoziiert waren.18Vgl. „How a Forgotten British Captain is a Hero in Myanmar“. In: BBC News, 31. Januar 2016. Online unter: http://www.bbc.com/news/world-asia-35192153 (Zugriff am 02.03.2018); Gray, Denis, D.: „Hero’s Commemoration Links WWII with Rohingya Crisis“. In: Nikkei Asian Review, 25. November 2017. Online unter: https://asia.nikkei.com/Life-Arts/Life/Hero-s-commemoration-links-WWII-with-Rohingya-crisis (Zugriff am 02.03.2018); „British Heroes of Sandakan Remembered“. In: The Star Online, 29. August 2011. Online unter: https://www.thestar.com.my/news/nation/2011/08/29/british-heroes-of-sandakan-remembered/ (Zugriff am 02.03.2018); Mokhtar, Mariam. „The Forgotten M’sian Heroine: Sybil Kathigasu“. In: Hornbill Unleashed, 13. Juni 2010. Online unter: https://hornbillunleashed.wordpress.com/2010/06/13/7532/ (Zugriff am 02.03.2018). In Indonesien, wo die Niederlande nach der Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg einen mehrjährigen blutigen Unabhängigkeitskrieg führten, war hingegen kein Raum für eine derartige Heroisierung von Europäern. Hier waren es ausschließlich die einheimischen Unabhängigkeitskämpfer, die zu Helden erklärt wurden.

3. Antikoloniale Helden

Die Erringung der Unabhängigkeit löste in den früheren Kolonien das Bedürfnis nach einer systematischen Neuordnung der Topographie und Rhetorik des öffentlichen Gedenkens aus, die auch die Heldenverehrung zum Inhalt hatte. Die Form und Werkzeuge dieses Gedenkens unterschieden sich dabei oft wenig von der Art der „politischen Musealisierung“, die die Kolonialmächte praktiziert hatten, etwa durch Denkmäler, Stadt- und Straßennahmen.19Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 2014, 945–946. S. auch Anderson: Die Erfindung der Nation, 1998, 157. So war es nur folgerichtig, dass in Algerien nach der Unabhängigkeit einer der zentralen Plätze von Algier, bislang benannt nach dem französischen Eroberer Marshal Bugeaud, den Namen des algerischen Unabhängigkeitshelden Abd al-Qadir al-Jaza’iri (1808–1883) erhielt und die Reiterstatue des Marshal Bugeaud durch ein Reiterstandbild Abd al-Qadirs, seines Widersachers, ersetzt wurde (vgl. Abb. 6).20Jansen, Jan C.: „Creating National Heroes. Colonial Rule, Anticolonial Politics and Conflicting Memories of Emir ‘Abd al-Qadir in Algeria, 1900–1960s“. In: History and Memory 2.3 (2016), 3–46, hier 3–4.

Reiterstandbild Abd al-Qadirs
Reiterstandbild Abd al-Qadirs, Algier, Algerien.
Reiterstandbild Abd al-Qadirs, Algier, Algerien.
Reiterstandbild Abd al-Qadirs, Algier, Algerien.
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Reiterstandbild Abd al-Qadirs, Algier, Algerien.

Die Heldennarrative, die nach der Unabhängigkeit aufgebaut und propagiert wurden, zumeist durch staatliche Akteure, spielten eine zentrale Rolle bei der Nationsbildung. In solchen Gebieten, die weder über historische Kontinuität als politisches oder kulturelles Gemeinwesen noch eine gemeinsame Sprache verfügten, sondern auf kolonialen Grenzziehungen beruhten, waren sie als einigende Symbole von besonderer Bedeutung. Sie dienten dazu, das Eigene gegenüber dem als Fremdherrschaft eingestuften, überwundenen Kolonialismus zu definieren und greifbar zu machen.

Es lassen sich mehrere Typen von Heldenfiguren unterscheiden, die nach der Unabhängigkeit in den dekolonisierten Staaten propagiert und zum Gegenstand der nationalen Symbolik zum Beispiel in Form von Toponymie, Standbildern, Gedenkveranstaltungen, Museen und Mausoleen wurden. Diese Typen schließen einander nicht aus, sondern existierten oft parallel zueinander, je nach historischer Konstellation mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Sie bargen jeweils eigene Chancen und Probleme.

3.1. Helden des Befreiungskampfes

3.1.1. Heroisierung der Sieger und neuen Machthaber

Eine weit verbreitete Heroisierungsstrategie konzentrierte sich auf diejenigen siegreichen Kämpfer für die Unabhängigkeit, die in den neuen Nationalstaaten die Macht übernahmen. So regierte in vielen der unabhängig gewordenen afrikanischen Staaten ein „starker Mann“, der seine Legitimität aus dem erfolgreichen Kampf gegen die Kolonialherrscher und aus durch sie erlittener Verfolgung zog. Tatsächlich waren die Lebenswege dieser Persönlichkeiten oft eng mit der Kolonialmacht verflochten; gerade die Ausbildung in Institutionen der Kolonialmacht war es, die sie mit nationalistischen Ideen vertraut gemacht hatte.21Vgl. Anderson: Die Erfindung der Nation, 1998, 113–114. Sie wandten sich später vehement gegen die koloniale Herrschaft und wurden häufig inhaftiert oder ins Exil geschickt, bevor ihnen nach Ausrufung der Unabhängigkeit der Griff nach der Herrschaft gelang.

Einer von vielen Repräsentanten dieses Typus war Kenneth Kaunda (*1924). Kaunda wurde zu Beginn der 1950er-Jahre für den African National Congress (ANC) in Nordrhodesien aktiv und wurde 1955 wegen des Verteilens antibritischer Schriften für zwei Monate ins Zuchthaus eingewiesen; 1959 folgte eine Verurteilung zu neun Monaten Gefängnis. Zu Beginn der 1960er-Jahre organisierte er eine Kampagne zivilen Ungehorsams, die auch Brandstiftungen beinhaltete. Nach der Unabhängigkeit wurde er erster Präsident Sambias und regierte 27 Jahre lang autokratisch in einem System, das ganz auf ihn und den von ihm propagierten „sambischen Humanismus“ zugeschnitten war. Dieser verstand sich als blockfrei, war aber wirtschaftlich stark an den sozialistischen Staaten orientiert.22Melady, Thomas Patrick / Melady, Margaret Badum: Ten African Heroes. The Sweep of Independence in Black Africa. Maryknoll 2011: Orbis, 49–68. Kaunda baute sich zum Helden, Symbol und Garanten der nationalen Einheit auf. Die Hauptaufgabe der nationalen Medien, insbesondere des Radios, war es, dies zu propagieren.23Vgl. Heinze, Robert: „‚Decolonising the Mind‘. Nationalismus und Nation Building im Rundfunk in Namibia und Sambia.“ In: Kruke, Anja (Hg.): Dekolonisation. Prozesse und Verflechtungen 1945–1990. Bonn 2009: Dietz, 295–316, hier 306-309.

Etwas anders verhielt es sich in der Republik Indonesien, die 1945 ausgerufen und nach vierjährigem Unabhängigkeitskrieg von den Niederlanden anerkannt wurde. Sukarno (1901–1970), der Führer der Unabhängigkeitsbewegung, wurde erster Präsident. Auch er regierte diktatorisch und nutzte den Status des Befreiers von der Kolonialherrschaft gezielt, um sich Legitimation zu verschaffen. Er stellte die Heldenverehrung jedoch auf eine breitere Basis. So führte er die staatliche Designation von „Helden des Unabhängigkeitskampfes“ ein, die ausschließlich posthum verliehen wurde. Damit wollte er ein Heldennarrativ schaffen, das auf den jungen Staat Indonesien insgesamt und auf ihn selbst als obersten Repräsentanten abfärben sollte. Das von den gefallenen Kämpfern erbrachte Opfer sollte Identifikation stiften und den fragilen Staat aufwerten. Sukarno selbst erhielt den Titel „Held der Proklamation (der Unabhängigkeit)“ posthum zugesprochen.24Vgl. Scagliola, Stef: „The Silences and Myths of a ‚Dirty War‘: Coming to Terms with the Dutch–Indonesian Decolonisation War (1945–1949)“. In: European Review of History 14.2 (2007), 235–262, hier 245–246; Artaria, Myrtati Dyah: „Heroes and Heroines“. In: Lee, Jonathan H.X. / Nadeau, Kathleen (Hg.): Encyclopedia of Asian American Folklore and Folklife. Bd. 2. Santa Barbara 2011: ABC Clio, 538–540.

3.1.2. Das Deheroisierungspotenzial der „starken Männer“

Die Heroisierung von Unabhängigkeitskämpfern, die zu Machthabern mutierten, konnte Schwierigkeiten aufwerfen. So erfolgreich sie als junge Männer in der Befreiung von der Kolonialmacht gewesen sein mochten, so sehr war ihr oft jahrzehntelanges Agieren als Herrscher dazu geeignet, sie zu entzaubern. Zwar hatten sie Zugriff auf einen staatlichen ⟶Propagandaapparat, doch konnte dieser nicht auf unbegrenzte Zeit von Korruption, Armut und dem Scheitern von Fortschrittsversprechen ablenken.

Besonders dramatisch stürzte Gamal Abd al-Nasser (1918–1970) ab, die Ikone der arabischen Welt. Zwar war Ägypten formal schon vor dem Zweiten Weltkrieg unabhängig geworden, doch bestanden bis in die 1950er-Jahre hinein noch erhebliche Abhängigkeiten von der ehemaligen Protektoratsmacht Großbritannien. Durch Nassers zentrale Rolle im Putsch der Freien Offiziere von 1952 gegen die Monarchie, die diese Abhängigkeit symbolisiert hatte, sowie durch die erfolgreiche Nationalisierung des Suezkanals im Jahr 1956 ordnete er sich in die Riege der Helden der Dekolonisation ein und übernahm eine wichtige Rolle in der Bewegung blockfreier Staaten. Die verheerende militärische Niederlage im Sechs-Tage-Krieg von 1967, die gleichzeitig auch das Scheitern des Versprechens an die Palästinenser auf ihren eigenen postkolonialen Nationalstaat bedeutete, entmystifizierte Nasser nahezu vollständig:

„The charismatic relationship between [Abdel Nasser] and the masses formed during the bright youthful days of Bandung and Suez, was shattered with the defeat; another variant born out of despair and a sense of loss, sustained him until his death. He would stay in power not as a confident, vibrant hero, but as a tragic figure, a symbol of better days, an indication of the will to resist.“25Ajami, Fouad: The Arab Predicament. Arab Political Thought and Practice since 1967. London 1981: Cambridge University Press, 85.

Aufgrund ähnlicher Prozesse der Desillusionierung lassen sich in vielen postkolonialen Gesellschaften Tendenzen zur Kritik an den ehemaligen Führern der Unabhängigkeitsbewegung feststellen. Die Prozesse, durch die aus Freiheitskämpfern Diktatoren und damit aus Opfern Täter wurden, werden heute mancherorts stärker in den Blick genommen. Zum Teil führt dies zur Infragestellung heroischer Narrative insgesamt.26Vgl. Melber, Henning: „Limits to Liberation. An Examination of Namibia’s Post-Colonial Culture“. In: Ders. (Hg.): Re-Examining Liberation in Namibia. Political Culture since Independence. Uppsala 2003: Nordiska Afrikainstitutet, 9-24, hier 11. Überwiegend resultiert die Kritik aber eher in der Fokussierung auf alternative Helden und Heldentypen, insbesondere solchen, die bis dato in der offiziellen Geschichtsschreibung marginalisiert worden waren.

3.1.3. Ausschluss von der Heroisierung

Die Heroisierung von Unabhängigkeitskämpfern war in der Regel selektiv. Heldenstatus erhielten vor allem die neuen Machthaber und diejenigen, die mit ihnen assoziiert waren oder deren Vereinnahmung durch sie zumindest nichts im Weg stand. Unabhängigkeitskämpfer, die mit den neuen Machthabern rivalisierten oder nicht ideologisch kompatibel waren, wurden hingegen ignoriert oder sogar verfolgt. Die Kompatibilität bemaß sich manchmal nach persönlichen oder ethnischen Rivalitäten, oft aber auch nach den Maßstäben des Kalten Krieges. So setzte zum Beispiel die linksgerichtete Union des Populations de Cameroun (UPC) nach der Unabhängigkeit von Kamerun im Jahr 1960 ihren bewaffneten Kampf fort, nun gegen die neue Regierung, der sie vorwarf, die koloniale Herrschaft weiterzuführen. Daher durften Figuren wie der UPC-Führer Ruben Um Nyobé, der 1958 von der französischen Armee getötet wurde, nicht Gegenstand öffentlichen Heldengedenkens sein. Der letzte Führer der UPC, der den Guerillakampf führte, Ernest Ouandié, wurde 1970 von der kamerunischen Regierung hingerichtet. Zu Beginn der 1990er-Jahre, nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, wurde das Verbot der UPC aufgehoben und das Parlament von Kamerun verlieh ihren verstorbenen Führern den Titel nationaler Helden. Dennoch spielten sie in der offiziellen Geschichtsschreibung zunächst kaum eine Rolle. In den 2000er-Jahren änderte sich das in Ansätzen: In Um Nyobés Geburtsstadt Eséka wurde 2007 eine Statue für ihn errichtet (vgl. Abb. 7) und in Douala sind ebenfalls ein Denkmal sowie ein nach ihm benannter Boulevard in Planung. Diese eher widerstrebenden Heroisierungen stellten offenbar auch Reaktionen auf zivilgesellschaftlichen Druck dar.27Vgl. Ya Kama, Lisapo: „Um Nyobe, the Forgotten Father of the Independence of Cameroon“. In: African History. Histoire Africaine. Online unter: http://en.lisapoyakama.org/um-nyobe-the-forgotten-father-of-the-independence-of-cameroon/ (Zugriff am 06.03.2018); Dr. Y.: „Ruben Um Nyobé: Fighting for the Independence of Cameroon“. In: African Heritage, 2011. Online unter: https://afrolegends.com/2011/10/10/ruben-um-nyobe-fighting-for-the-independence-of-cameroon/ (Zugriff am 06.03.2018); Dr. Y.: „Ernst Ouandié: A Cameroonian and African Hero and Martyr“. In: African Heritage, 2018. Online unter: https://afrolegends.com/2018/01/15/ernest-ouandie-a-cameroonian-and-african-hero-and-martyr/ (Zugriff am 06.03.2018); „Ruben Um Nyobé immortalisé: Un monument à sa mémoire“. In: Made in Mboa, 13. September 2016. Online unter: http://madeinmboa.net/ruben-um-nyobe-immortalise-monument-a-memoire/ (Zugriff am 06.03.2018); „Il paraît qu’une stèle à l’image du nationaliste camerounais Ruben Um Nyobe sera bientôt érigée dans la ville de Douala“. In: Stop Blabla Cam, 2017. Online unter: https://www.stopblablacam.com/culture-et-societe/1907-862-il-parait-qu-une-stele-a-l-image-du-nationaliste-camerounais-ruben-um-nyobe-sera-bientot-erigee-dans-la-ville-de-douala (Zugriff am 06.03.2018); „Cameroun: Ruben Um Nyobé aura son monument à Douala“. In: Actu Cameroun, 19. Juli 2017. Online unter: https://actucameroun.com/2017/07/19/cameroun-ruben-um-nyobe-aura-son-monument-a-douala/ (Zugriff am 06.03.2018).

Denkmal für Ruben Um Nyobé in Eséka
Denkmal für Ruben Um Nyobé
Denkmal für Ruben Um Nyobé
Denkmal für Ruben Um Nyobé
2007, Eséka, Kamerun. Nach einem Entwurf von Maurice Teguel ausgeführt von Jacques Mpeck Tedga.
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Erläuterung

Die sechs Meter hohe Statue zeigt Um Nyobé, ankommend am Bahnhof von Eséka, bei seiner Rückkehr von einem UN-Gipfel im Jahr 1952.

Denkmal für Ruben Um Nyobé
2007, Eséka, Kamerun. Nach einem Entwurf von Maurice Teguel ausgeführt von Jacques Mpeck Tedga.
Erläuterung: Die sechs Meter hohe Statue zeigt Um Nyobé, ankommend am Bahnhof von Eséka, bei seiner Rückkehr von einem UN-Gipfel im Jahr 1952.

3.2. Märtyrer

Eine wichtige Rolle im Heroisierungsnarrativ dekolonisierter Staaten spielten Menschen, die im Kampf für die Unabhängigkeit getötet worden waren und nun zu Märtyrern der Nation erklärt wurden. Hier bestand kein Risiko einer Entmystifizierung. Gleichzeitig lag ihr Tod zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit so kurz zurück, dass eine Identifikation der Bevölkerung mit ihrem Wirken möglich war. Diese Identifikation wurde in den Folgejahren durch ritualisiertes Gedenken aufrecht erhalten. So wurde Aung San (1915–1947) als Vater des modernen Burma/Myanmar verehrt und der Tag seiner Ermordung als „Tag der Märtyrer“ zu einem staatlichen Feiertag erklärt. Die Militärjunta, die 1988 an die Macht kam, versuchte, ihn aus dem nationalen Heldengedenken zu verdrängen, um seiner Tochter, die gegen die Junta opponierte, die Legitimation zu entziehen; sein Status als Nationalheld war jedoch so tief verwurzelt, dass er kaum noch angreifbar war.28Vgl. Salem-Gervais, Nicolas / Metro, Rosalie: „A Textbook Case of Nation-Building. The Evolution of History Curricula in Myanmar“. In: Journal of Burma Studies 16.1 (2012), 27–78; Morris, Ben: „Leaving Burma Behind“. In: History Today 48.1 (2008), 51–53; „Myanmar Remembers Independence Hero on Martyr’s Day“. In: VOA News, 19. Juli 2015. Online unter: https://www.voanews.com/a/reu-myanmar-remembers-independence-hero-on-martyrs-day/2869301.html (Zugriff am 06.03.2018).

Von ähnlicher Bedeutung war für den Staat Mosambik Eduardo Mondlane (1920–1969), der Führer der Freiheitsbewegung FRELIMO. Er fiel 1969 einer Briefbombe zum Opfer. 1975 gewährte Portugal Mosambik die Unabhängigkeit; noch im selben Jahr wurde die Universität von Maputo nach Mondlane benannt.29Vgl. Melady / Melady: Ten African Heroes, 2011, 105–119. Genau wie Aung San wurden auch ihm zahlreiche Straßen und Denkmäler sowie ein Nationalfeiertag gewidmet.30Vgl. „Mozambique Honours Nationalist Hero Eduardo Mondlane“. In: Panapress, 3. Februar 2007. Online unter: http://www.panapress.com/Mozambique-honours-nationalist-hero-Eduardo-Mondlane–13-502398-18-lang1-index.html (Zugriff am 06.03.2018).

Manche Staaten pflegen eine kollektive Märtyrerverehrung, die nicht nur aktive Unabhängigkeitskämpfer, sondern auch ermordete Zivilisten einschließt. In São Tomé e Príncipe war das grausame Massaker von Batepá, das der portugiesische Gouverneur im Februar 1953 an hunderten von kreolischen Inselbewohnern verüben ließ, ein wichtiger Katalysator für das Entstehen einer Nationalbewegung. Seit der Unabhängigkeit von 1975 gibt es ein ritualisiertes Gedenken unter anderem durch einen Feiertag, ein Museum, ein Denkmal, Prozessionen, Gedenkveranstaltungen und Straßennamen. Dabei fand in der öffentlichen Erinnerung eine Transformation des Massakers zum Befreiungskrieg statt; die Ermordeten wurden zu antikolonialen Widerstandskämpfern.31Seibert, Gerhard: „Le massacre de février 1953 à São Tomé. Raison d’être du nationalisme santoméen“. In: Lusotopie 1997, 173–192, hier 187–189. Einen ähnlichen Märtyrertag mit explizitem Bezug zum Unabhängigkeitskampf hat auch Malawi; vgl.: Manda, Lewi: „Why Kamuzu Chose 3rd March as Martyrs‘ Day in Malawi“. In: The Nation, 3. März 2018. Online unter: http://mwnation.com/kamuzu-chose-3rd-march-martyrs-day-malawi/ (Zugriff am 06.03.2018).

3.3. Proto-Freiheitskämpfer

Der Prozess der Erfindung der Nation beinhaltete in der Regel die Rückprojektion dieser Idee in vergangene Zeiten. Es war folgerichtig, auch die Idee des nationalen Kampfes bis in die Anfänge der Kolonialzeit zurückzuprojizieren und bereits hier nach Helden des nationalen Widerstands zu suchen. Das war nicht ohne Aneignung und Umdeutung der Geschichte dieser Figuren möglich, denen in der Regel das Konzept der Nation fremd gewesen war.

So gehört es zur Geschichte des algerischen Helden Abd al-Qadir, der nach der Unabhängigkeit zum Symbol des Freiheitsdranges der algerischen Nation wurde, dass er nach seiner Gefangennahme durch Frankreich seine Unterwerfung unter den französischen König erklärte und im osmanischen Exil eine französische Pension empfing. Von den französischen Kolonialherren war er daher als Symbol der algerisch-französischen Versöhnung gefeiert worden. Diese Ambivalenz blendeten die algerischen Unabhängigkeitskämpfer, die ihn mehrere Jahrzehnte nach seinem Tod zum ersten nationalen Freiheitskämpfer aufbauten, naturgemäß aus.32Vgl. Jansen: „Creating National Heroes“, 2016. Ähnlich verhielt es sich mit der Erinnerung an Muhammad Ahmad (1844–1885), den Mahdi des Sudan, der vor allem als religiöser Erneuerer aufgetreten war, jedoch im 20. Jahrhundert in recht ahistorischer Manier zum „Vater der Unabhängigkeit“ stilisiert wurde – eine Zuschreibung, die nur möglich war, wenn man seine umstrittene religiöse Botschaft ebenso wie sein vehementes Eintreten für den Sklavenhandel konsequent ignorierte.33Vgl. Holt, P.M.: „Sudanese Nationalism and Self-Determination, Part I“. In: Middle East Journal 10.3 (1956), 239–147; Voll, John: „The Sudanese Mahdi. Frontier Fundamentalist“. In: International Journal of Middle East Studies 10.2 (1979), 145–166; Warburg, Gabriel R.: „From Sufism to Fundamentalism. The Mahdiyya and the Wahhabiyya“. In: Middle Eastern Studies 45.4 (2009), 661–672. Und dass der blinde Pflanzer Yon Gato, der 1553 mit einem Trupp von Sklaven einen portugiesischen Großgrundbesitzer auf São Tomé angriff und heute als Nationalheld gefeiert wird, einen unabhängigen Nationalstaat im Sinn hatte, ist mehr als unwahrscheinlich.34Vgl. Abreu de Castaño, Inês Filipa: São Tomé e Príncipe: Cultura(s)/Património(s)/Museu(s). MA-Arbeit, Universidade Nova de Lisboa, September 2012, Bd 1, 31. Online unter: https://run.unl.pt/handle/10362/9288 (Zugriff am 05.03.2018).

Abgesehen von der Frage der Historizität kann die Vereinnahmung von pränationalen Heldenfiguren für nationalistische Erzählungen weitere Probleme aufwerfen. Das erweist sich am Beispiel Indonesiens, wo die Riege der offiziellen „Nationalen Helden“ auch Figuren aus dem 19. Jahrhundert umfasst, etwa die Acehnesinnen Cut Nyak Dhien (1848–1908) und Cut Nyak Meutia (1870–1910). (Siehe Abb. 8.) In der orde baru-Ära unter Präsident Suharto (1966–1988) wurden diese lokalen Unabhängigkeitskämpferinnen, denen die Idee einer indonesischen Nation noch fremd gewesen war, zu Symbolen ebendieser Nation aufgebaut. Angesichts des Strebens vieler Regionen, nicht zuletzt Acehs, für mehr Autonomie oder sogar Sezession war dies eine ambivalente Strategie.35Vgl. Bijl, Paul: „Colonial Memory and Forgetting in the Netherlands and Indonesia“. In: Journal of Genocide Research 14.3–4 (2012), 441–461.

Es ist weniger die tatsächliche, historische Agenda dieser Figuren, die ihre spätere Vereinnahmung und Heroisierung ermöglicht, sondern vor allem der Feind, gegen den sie kämpften. Wenn es sich dabei zumindest in groben Umrissen um dieselbe Kolonialmacht handelte, gegen die sich Generationen später eine Unabhängigkeitsbewegung formierte, dann ermöglichte es diese Überlappung, Personen, die ursprünglich vor allem für einen Glauben, eine Dynastie, eine Kleinregion, ihre eigene politische Macht oder eine bessere Behandlung und Entlohnung durch einen Landeigentümer gekämpft hatten, in der Topographie der nationalen Helden zu verorten. Durch ihre Popularisierung stellte man sie damit aber auch potenziell konkurrierenden Lagern für deren eigene Narrative zur Verfügung.

Cut Nyak Meutia
Indonesischer 1000-Rupien-Schein mit dem Konterfei Cut Nyak Meutias, 2016
Indonesischer 1000-Rupien-Schein mit dem Konterfei Cut Nyak Meutias, 2016
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Indonesischer 1000-Rupien-Schein mit dem Konterfei Cut Nyak Meutias, 2016
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3.4. Mythologische Helden

Der Rückgriff auf mythologische Heldenfiguren aus der regionalen Geschichte bot eine Möglichkeit, eine nationale Symbolik zu schaffen, ohne unmittelbar auf die koloniale Geschichte und den Prozess der Nationalstaatswerdung Bezug zu nehmen. Dies konnte unter anderem dann wünschenswert sein, wenn eine solche Bezugnahme wegen der Beteiligung konkurrierender Akteure eher spaltend als einigend gewirkt hätte, wenn seine Hauptakteure dem späteren Regime nicht genehm waren oder sich für Heroisierungen nicht eigneten.

In Burma/Myanmar zum Beispiel bemühte sich die Militärjunta, die ab 1988 regierte, intensiv darum, die Verehrung historischer Könige aus dem 11., 16. und 18. Jahrhundert zu propagieren und diese zu Nationalhelden aufzubauen. Die Erinnerung an ein goldenes Zeitalter sollte die unmittelbare sozialistische Vergangenheit überlagern und zudem zur Verdrängung des problematisch gewordenen Nationalhelden Aung San beitragen.36Vgl. Salem-Gervais / Metro: „A Textbook Case of Nation-Building“, 2008.

In Malaysia wurde die Unabhängigkeit auf dem Verhandlungsweg erzielt. Der Verhandlungsführer und spätere erste Premierminister des Landes, Tunku Abdul Rahman (1903–1990), war in Großbritannien ausgebildeter Jurist und hatte für die britische Kolonialverwaltung gearbeitet. Zwar gab es durchaus gewaltsame Proteste gegen die britische Herrschaft, doch wurden deren Urheber wegen ihrer gewerkschaftlichen oder sozialistischen Ausrichtung und sozialen Distanz zu den politischen Eliten in der nationalen Erinnerung nach der Unabhängigkeit marginalisiert oder als kommunistische Terroristen eingestuft.37Vgl. Aljunied, Khairudin: Radicals. Resistance and Protest in Colonial Malaya. DeKalb 2015: Northern Illinois University Press. Tunkus Biographie wiederum bot sich weniger für eine Heroisierung an, obwohl es eine staatsnahe Geschichtsschreibung gab, die sich daran versuchte (vgl. Quelle 2).

Tunku Abdul Rahman – Versuch einer Heroisierung

Our first Prime Minister Tunku Abdul Rahman held true to our prophetic tradition of the pen being mightier than the sword. He resorted to the negotiation table, not the battlefield, and enlisted lawyers not soldiers in our struggle for independence. Honoring fallen heroes of such wars as martyrs, national heroes, or freedom fighters does not in any way lessen the pain their loved ones endure. We owe Tunku a massive debt of gratitude for sparing us such misfortune. He was truly the quiet and unsung hero of our independence.

This fact needs emphasizing, lest we forget. Already there are „revisionist“ historians and other commentators intimating that such an honor belongs to the likes of some obscure failed politicians or former thugs and terrorists. To me, the true hero is not the dashing rescuer who saved the drowning damsel, rather the young boy who kept his finger in the dike and thus prevented a flood.

Tunku went further. Whereas India and Indonesia degenerated into anarchy, Malaysia enjoyed a decade of peace and prosperity following independence.


Quelle: Musa, M. Bakri: Moving Malaysia Forward. Bloomington 2008: iUniverse, 13.

Viel mehr als jeder lebende Politiker erlebten aber im 20. Jahrhundert die fünf Helden der malayischen Volkserzählung Hikayat Hang Tuah eine Hochkonjunktur. Die Geschichte um Hang Tuah und seine Gefährten Hang Jebat, Hang Kasturi, Hang Lekir und Hang Lekiu, die im Sultanat Malakka des 15. Jahrhunderts spielt, wurde 1908 erstmals als gedrucktes Buch veröffentlicht. In ihrem Mittelpunkt steht das Verhältnis zwischen Hang Tuah, seinem engsten Freund Hang Jebat und dem Sultan, der Hang Tuah zu Unrecht zum Tode verurteilt. Dieser wird vom Henker heimlich gerettet. Hang Jebat reagiert auf die fälschliche Nachricht von Hang Tuahs Tod mit Rebellion. Als der Sultan von Hang Tuahs Unschuld erfährt, begnadigt er ihn und befiehlt ihm, Hang Jebats Rebellion zu unterdrücken. Nach einer epischen Schlacht tötet Hang Tuah Hang Jebat.38Vgl. De Jong, P.E. de Josselin: „The Rise and Decline of a National Hero“. In: Journal of the Malaysian Branch of the Royal Asiatic Society 38.2 (1965), 140–155; Nanney, Nancy K.: „Evolution of a Hero. The Hang Tuah/Hang Jebat Tale in Malay Drama“. In: Asian Theatre Journal 5.2 (1988), 164–174.

Ab den 1930er-Jahren wurde die Geschichte in Malaya zum Gegenstand zahlreicher populärer Dramen. 1956 löste ein in Malaysia produzierter Film über Hang Tuah große Begeisterung aus. Das Drama Hang Tuahs wurde intensiv dazu genutzt, die politischen Ereignisse während des Prozesses der Nationswerdung zu verhandeln; dabei lassen sich wechselnde Konjunkturen des Helden Hang Tuah, der sich durch unverbrüchliche Loyalität zum Herrscher auszeichnet, und seines Freundes und späteren Gegenspielers Hang Jebat, der sich nur seinem eigenen Gewissen verpflichtet fühlt, ausmachen.

In der offiziellen Symbolik schlug sich die Popularität des Epos verstärkt nach dem Amtsantritt von Premierminister Mahathir Mohamad (1981–2003) nieder. Dieser benannte in großem Stil Straßen von Kuala Lumpur um. So wurde 1982 aus der zentralen Rodger Street, benannt nach einem britischen Repräsentanten, die Jalan Hang Kasturi, und aus der Davidson Road, benannt nach einem anderen britischen Repräsentanten, die Jalan Hang Jebat. Die anderen drei Helden des malaiischen Volksepos gaben ebenfalls Straßen in der Innenstadt Kuala Lumpurs ihre Namen; sie ersetzten dabei sämtlich europäische Namensträger, die für die Kolonialzeit standen.39Vgl. Tye, Timothy: „Jalan Hang Kasturi“; „Jalan Hang Jebat“; „Jalan Hang Lekiu“; „Jalan Hang Lekir“; „Jalan Hang Tuah“. In: Timothy Tye Everywhere. Online unter: http://www.timothytye.com/asia/malaysia/kuala-lumpur/jalan-hang-kasturi.htm; http://www.timothytye.com/asia/malaysia/kuala-lumpur/jalan-hang-jebat.htm; http://www.timothytye.com/asia/malaysia/kuala-lumpur/jalan-hang-lekiu.htm; http://www.timothytye.com/asia/malaysia/kuala-lumpur/jalan-hang-lekir.htm; http://www.timothytye.com/asia/malaysia/kuala-lumpur/jalan-hang-tuah.htm (Zugriff am 05.03.2018). Diese Maßnahme stand in unmittelbarem Zusammenhang zu Mahathirs Engagement für die Stadtentwicklung Kuala Lumpurs und zu seinem Programm einer indigenen Modernisierung. Sie unterstrich aber auch die seit 1969 wirksame Politik der Förderung der bumiputra – derjenigen Bevölkerungsgruppen, die im Gegensatz zu Indern und Chinesen als autochthon eingestuft wurden. Die Bezugnahme auf das Heldenepos von Hang Tuah war geeignet, die nationale Identität als vorrangig malaiisch zu definieren.40Vgl. Wain, Barry: Malaysian Maverick. Mahathir Mohamad in Turbulent Times. Basingstoke 2009: Palgrave Macmillan, 53–123.

Historische Heldenmythen können somit dafür genutzt werden, eine nationale Identität jenseits von konkreten Akteuren der Unabhängigkeitsbewegung und des postkolonialen politischen Systems zu formen und zu festigen, auch um den Preis der Ausgrenzung bestimmter Gruppen. Diese Heldenmythen können gleichzeitig als Grundlage einer Aushandlung der politischen Umbrüche der Dekolonisation dienen und dementsprechend angepasst und neu gefasst werden.

4. Strukturelle Fragen

4.1. Offizielles und privates Heldengedenken

4.1.1. Staatlicher Heldenkult

Zuvorderst waren es die Regierungen der unabhängig gewordenen Nationalstaaten, die im Zuge der Dekolonisation Heroisierung betrieben. Dies war schon allein deswegen folgerichtig, weil viele dieser Nationalstaaten, wie ihre kolonialen Vorläufer, exklusiven Zugriff auf den öffentlichen Raum, das Bildungswesen und den Kalender beanspruchten. Monumente, Namen von Straßen und Institutionen, Schulbücher und staatliche Feiertage als zentrale Medien der Heldenverehrung wurden vor allem von den herrschenden Regimen verantwortet; manche Regime kontrollierten zudem auch Medien und Teile des Kunst- und Kulturbetriebs und setzten sie für ihre Heroisierungskampagnen ein. Das ⟶Heldengedenken ist in die Struktur vieler postkolonialer Staaten zeitlich und räumlich eingeschrieben und prägt ihre Narrative.

Eine Reihe von Ländern begeht einen „Tag der Helden“ als öffentlichen Feiertag im Gedenken an den Unabhängigkeitskampf. Der Tag erinnert manchmal an einen bestimmten Helden, wie in Angola Agostinho Neto (1922–1979), in Kap Verde Amílcar Cabral (1924–1973) und in Mosambik Eduardo Mondlane, und manchmal kollektiv an alle am Unabhängigkeitskampf Beteiligten, wie in Indonesien, Kenia, Namibia oder Simbabwe.41Vgl. „Angola Pays Tribues on Day of the National Hero“. In: Holidays around the World. Online unter: http://aglobalworld.com/holidays-around-the-world/angola-national-hero-day/ (Zugriff am 07.03.2018); „Cabral remembered on National Heroes Day“. In: ASemana, 20. Januar 2012. Online unter: http://www.asemana.publ.cv/?Cabral-remembered-on-National-Heroes-Day&ak=1 (Zugriff am 03.04.2018); Bogaerts, Els, ‚Wither Indonesian Culture?‘ Rethinking ‚Culture‘ in Indonesia in a Time of Decolonization. In: Lindsay, Jennifer / Liem, Maya H.T. (Hg.): Heirs to World Culture. Being Indonesian 1950–1965. Leiden 2012: KITLV Press, 223–254, hier 226; „It is Time for Kenyans to Stop Celebrating Madaraka Day“. In: The Conversation, 31. Mai 2017. Online unter: https://theconversation.com/it-is-time-for-kenyans-to-stop-celebrating-madaraka-day-78608 (Zugriff am 07.03.2018); „Celebrating the Heroes of Namibia“. In: Namibia. Endless Horizons. Online unter: http://www.namibiatourism.com.na/blog/Celebrating-the-Heroes-of-Namibia (Zugriff am 07.03.2018); „‚Heroes Day Not Just a Holiday, it Means a Lot‘“. In: The Herald, 12. August 2017. Online unter: https://www.herald.co.zw/heroes-day-not-just-a-holiday-it-means-a-lot/ (Zugriff am 07.03.2018).

Zu den emblematischsten postkolonialen Heldengedenkstätten gehören die Heroes’ Acres in Simbabwe und Namibia (siehe Abb. 9–10). Beide Stätten treten mit dem Anspruch auf, an die Helden des antikolonialen Befreiungskampfes durch ein großes Ensemble von Grabsteinen, Statuen, Mausoleen, Museen, Denkmälern, Aufmarschplätzen und Wandbildern zu erinnern. Dadurch sollte ein Pantheon nationaler Helden geschaffen werden, das später durch Figuren der nationalstaatlichen Geschichte ergänzt wurde. Beide Projekte waren jedoch auch der Kritik ausgesetzt, ausschließlich der Regimerepräsentation zu dienen. Bei den von nordkoreanischen Architekten und Baufirmen gestalteten Anlagen handle es sich um repräsentative Großprojekte von Regierungen mit geringer Einbindung von Vertreterinnen und Vertretern der lokalen Kulturszene oder Zivilgesellschaft. In ihnen würden lediglich Figuren berücksichtigt, die der jeweils regierenden Partei nahe stünden, während weitaus verdientere Helden ignoriert würden, weil ihnen die Beziehung zur politischen Elite fehle.42Vgl. Mpofu, Shepherd: „Participation, Citizen Journalism and the Contestations of Identity and National Symbols. A Case of Zimbabwe’s National Heroes and the Heroes’ Acre“. In: African Journalism Studies 37.3 (2016), 85–106; Becker, Heike: „Commemorating Heroes in Windhoek and Eenhana. Memory, Culture and Nationalism in Namibia, 1990–2010“. In: Africa 81.4 (2011): 519–543; siehe auch Malaba, Sakhile: „Mugabe Says National Heroes Acre is Solely for Zanu PF Members“. In: Metro Zimbabwe, 1. Oktober 2010. Online unter: https://web.archive.org/web/20110626075612/http://www.zimbabwemetro.com/opinion/mugabe-says-national-heroes-acre-is-solely-for-zanu-pf-members/ (Zugriff am 07.03.2018).

Das Fallbeispiel Indonesien zeigt, auf welch vielfältige Weise postkoloniale Staaten einen ritualisierten Heldenkult betreiben können. Die Regierung zeichnet posthum „nationale Helden“ aus und schafft so eine stetig wachsende Liste von Figuren, die im 19. und 20. Jahrhundert gegen die Niederlande kämpften. Diese werden durch Monumente, Banknoten, in Schulbüchern, Biographien und Filmen geehrt. Eine Vielzahl von Heldenfriedhöfen und Ritualen der Heldenverehrung, so etwa rituelle Beisetzungen und Umbettungen, soll dafür sorgen, dass sie in der nationalen Erinnerung verankert werden.43Vgl. Schreiner, Klaus H.: „‚National Ancestors‘. The Ritual Construction of Nationhood“. In: Chambert-Loir, Henri/ Reid, Anthony (Hg.): The Potent Dead. Ancestors, Saints and Heroes in Contemporary Indonesia. Crows Nest und Honolulu 2002: Allen & Unwin / University of Hawai’i Press, 183–204. Ähnlich wie Benedict Anderson es für die Inflation nationaler Monumente nach der Unabhängigkeit beschrieb, ging es nationalistischen und autokratischen Regimen, die diese Heldengedenkpraktiken einführten, nicht um Aufarbeitung der Geschichte, sondern darum, Ikonen zu schaffen und diese für ein nationales Projekt zu vereinnahmen.44Vgl. Schreiner, Klaus: „The Making of National Heroes. Guided Democracy to New Order“. In: Schulte Nordholt, Henk (Hg.): Outward Appearance. Dressing State and Society in Indonesia. Leiden 1997: KITLV Press, 259–290; Anderson, Benedict O.G.: Language and Power. Exploring Political Cultures in Indonesia. Jakarta 2006: Equinox Indonesia (Nachdruck der Originalausgabe Ithaca 1990: Cornell University Press), 173–183.

Für lokale, individuelle Formen der Erinnerung ließ eine solche staatliche Diskurshoheit keinen Raum.45Vgl. Bijl: „Colonial Memory and Forgetting“, 2012, 452–458. Gegennarrative gerieten häufig in Gefahr, als politisches Dissidententum gebrandmarkt zu werden (siehe Quelle 3).

Der staatliche Heldenkult um Jomo Kenyatta

„[…] how did Kenyatta stand out as one in whom the nation would invest its memory of colonial counterinsurgency? How would the independence struggle be reduced to Kenyatta’s trial and incarceration? How come Kenyatta would be the one through whom known and unknown other „heroes“ would have to be remembered in the nation’s collective memory? […] Knowingly or unknowingly, Kenyatta Day as a day of remembrance elevated Kenyatta above the status of „just a hero“ so he was the hero. […] There was no room for other heroes who would diminish the potency of Kenyatta’s heroic memory. […] Kenyatta’s own name on buildings, streets, sports stadiums, schools, airports, and so on would suffuse the national memorial and architectural landscape without parallel. The biggest and best spots were reserved for him: Jomo Kenyatta International Airport, Nairobi; Kenyatta International Conference Center, Nairobi; Kenyatta Avenue, Nairobi; Kenyatta Avenue, Mombasa; and Kenyatta Street, Kitale; Kenyatta National Hospital, Kenyatta University College, Kenyatta Stadium, Machakos; Kenyatta Stadium, Kisumu; Kenyatta Stadium, Kitale, and so on. […] The hero worship of Kenyatta was what the government wanted inculcated in the minds of the generation then and in the generations after. It was reflected in the patriotic songs that artists composed in the scramble to outdo one another in their apotheosizing of the singularity of Kenyatta’s remembrance and memorialization. Doubts were cast upon your patriotism, if you did not sing songs in praise of the Baba wa Taifa.

But always concurrent with and in conflict with this pervasive state-instigated collective memory of Kenyatta as hero and saint was another narrative that fed on bitter individual and collective experiences. We shall call this the unofficial and unauthorized collective memory, whose perpetuation was the task-narrative of so-called dissidents.“


Quelle: Waliaula, Ken Walibora: The Thoughful Museum. Remembering and Disremembering in Africa. In: Curator. The Museum Journal 55,2 (2012), 113–127, hier 119–121.

4.1.2. Gegennarrative, Privatisierung und Diversifizierung

Die staatlich vorgegebene Heldenverehrung stieß immer wieder an ihre Grenzen. In Myanmar zum Beispiel gelang es der Militärjunta nach der Machtübernahme nicht, die Heroisierung Aung Sans aus der öffentlichen Erinnerung zu verdrängen; das Regime musste sich mit ihr arrangieren.46Vgl. Salem-Gervais / Metro: „A Textbook Case of Nation-Building“, 2008. Die Verengung der Erinnerung auf eine bestimmte politische Fraktion und die massive Verdrängung anderer Akteure wird oft von Teilen der Bevölkerung durchschaut und, sofern das politische Feld und die Medienlandschaft Raum dafür bieten, in Frage gestellt, wie die Debatten um die Heroes’ Acres oder auch Versuche der Erinnerung an malaysische Widerstandskämpfer aus dem linken Spektrum zeigen.47Vgl. Goredema, Dorothy / Chigora, Percyslage: „Fake heroines and the falsification of history in Zimbabwe 1980–2009“. In: African Journal of History and Culture 1.5 (2009), 76–83; Yusop, Al-Jafree Md / Zahar, Syed: „The Original Heroes of Merdeka“. In: Malaysian Digest, 25. August 2011. Online unter: http://www.malaysiandigest.com/archived/index.php/15-features/personality/33392-the-original-heroes-of-merdeka.html (Zugriff am 07.03.2018). Diese Infragestellung kann bewusst durch politische Oppositionsgruppen vorgenommen werden oder in privatem Rahmen, zum Beispiel durch die Pflege familiärer Erinnerungen.

Besonders instruktiv ist hier der Fall Vietnams. Das Heldengedenken, das die Zeit von der Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1945 bis zum Ende des Vietnamkrieges umfasst, wurde nach 1975 von der kommunistischen Regierung monopolisiert, die streng zwischen „revolutionären Märtyrern“ und solchen Verstorbenen oder Gefallenen unterschied, die diesen Status nicht verdienten – entweder, weil sie den Truppen des südvietnamesischen „Marionettenregimes“ angehörten, weil sie im Krieg gegen einen ideologisch nahestehenden Feind, insbesondere China, gefallen waren, weil ihre Loyalität zur kommunistischen Idee in Frage stand oder weil die Umstände ihres Todes nicht als hinreichend heldenhaft eingestuft wurden. Für die „revolutionären Märtyrer“ gibt es einen hochgradig ritualisierten Kult der Heldenverehrung durch Heldenfriedhöfe und Gedenkveranstaltungen, der darauf ausgelegt ist, die Erinnerung an ideologisch unpassende Kämpfer zu unterdrücken, und dabei auch vor Fabrikationen nicht zurückschreckt (vgl. Quelle 4).

Heldengedenken in Vietnam

„1983 wurde […] auf Beschluss der Stadtverwaltung von Hồ Chí Minh-Stadt der Mạc Đĩnh Chi-Friedhof, auf dem viele führende Politiker, Militärs und andere Persönlichkeiten der Republik Vietnam beerdigt waren, dem Erdboden gleichgemacht. Auf dem Gelände wurde der Lê Văn Tám-Park errichtet – benannt nach einem 14-jährigen revolutionären ‚Märtyrer‘ aus dem Krieg gegen die Franzosen, der sich 1946 angeblich mit Benzin übergossen und angezündet hatte, um als ‚lebende Fackel‘ ein französisches Benzindepot in die Luft zu sprengen. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass diese neue Gedenkstätte, die ganz dem sozialistischen Revolutionskult der Sieger verpflichtet war, auf tönernen Füßen steht: der „Märtyrer“ Lê Văn Tám, nach dem viele Schulen, Straßen, Kinos und Parks in Vietnam benannt sind, war eine reine Erfindung des früheren Propagandaministers Trần Huy Liệu.“


Quelle: Großheim, Martin: „Der Krieg und der Tod. Heldengedenken in Vietnam“. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 65.4 (2017), 545–581, hier 563.

Mit der Ausweitung der individuellen Artikulationsmöglichkeiten ab den 1990er-Jahren war eine Tendenz zu beobachten, sich dem staatlichen Heldengedenken zu entziehen und das eigene Gedenken zu privatisieren. So erfuhren religiöse Zeremonien der Ahnenverehrung im privaten Rahmen eine Wiederbelebung und nichtstaatliche Organisationen, zum Beispiel Veteranenverbände und Vereine von Auslandsvietnamesen, organisierten Aktivitäten des Kriegsgedenkens, die vor allem auf die Leerstellen der staatlichen Erinnerung abzielten. Insbesondere mit Bezug auf die in Kämpfen gegen China gefallenen Vietnamesen gibt es mittlerweile eine lebhafte private Erinnerungskultur, die auch in Forderungen an den Staat nach einer Revision des Heldengedenkens mündet.48Vgl. Großheim Martin: „Der Krieg und der Tod. Heldengedenken in Vietnam“. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 65.4 (2017), 545–581.

In der Verehrung offiziell heroisierter Personen, allen voran Ho Chi Minh, überlagern sich offizielles und privates Gedenken; so ist Ho Chi Minh mittlerweile, entgegen den Vorgaben der Staatsführung, Gegenstand religiöser Kulthandlungen geworden. Die Heroisierung ist in eine politisch nicht intendierte Vergöttlichung gemündet.49Vgl. Lauser, Andrea: „Zwischen Heldenverehrung und Geisterkult. Politik und Religion im gegenwärtigen spätkommunistischen Vietnam“. In: Zeitschrift für Ethnologie 133.1 (2008), 121–144.

4.2. Globale Helden

Die Dekolonisation und die aus ihr hervorgehenden Heroisierungsstrategien waren zwar eng verbunden mit der Entstehung von Nationalstaaten und demzufolge in der Regel stark nationalistisch gefärbt, doch gab es auch transnationale und globale Dimensionen. Diese konnten sich aus den neu entstehenden Süd-Süd-Beziehungen ergeben, wie sie sich in der Bewegung blockfreier Staaten manifestierten, oder aus dem gemeinsamen Kampf gegen die gleiche Kolonialmacht. So verband die Figur des britischen Offiziers Charles George Gordon, der im Zweiten Opiumkrieg an der Eroberung Pekings beteiligt war und 1885 von den Mahdisten im Sudan getötet wurde, China und den Sudan. Der chinesische Premierminister Zhou En Lai soll sich bei seinem Besuch in Khartum 1964 beim sudanesischen Volk dafür bedankt haben, Gordon seiner Strafe zugeführt und China gerächt zu haben.50Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation-Building?“, 2014, 941; Large, Daniel / Patey, Luke: „Sudan ‚Looks East‘“. In: Dies. (Hg.): China, India and the Politics of Asian Alternatives. Woodbridge 2011: James Currey, 1–34, hier 5.

In den 1950er- und 1960er-Jahren bildete sich ein einflussreicher globaler antikolonialer Diskurs heraus, der stark heroisch aufgeladen war. Die Dekolonisation wurde als globaler Kampf der Unterdrückten für ihre Freiheit verstanden. Dies ermöglichte es Heroisierungsnarrativen, Grenzen zu überschreiten. So bezeichnete Ho Chi Minh in Vietnam den algerischen Freiheitskämpfer Abd al-Qadir als nationalen Helden und Vorkämpfer des Kriegs des Volkes in Vietnam, und Che Guevara verkündete auf der afro-asiatischen Solidaritätskonferenz 1968:

„Here and at all conferences, wherever they may be held, we should – along with our greeting to the heroic peoples of Vietnam, Laos, ‚Portuguese‘ Guinea, South Africa, or Palestine – extend to all exploited countries struggling for emancipation our friendly voice, our hand, and our encouragement; to our brothers in Venezuela, Guatemala, Colombia who, having taken up arms today, are saying a final ‚No!‘ to the imperialist enemy.“51Khalili, Laleh: Heroes and Martyrs of Palestine. The Politics of National Commemoration, Cambridge 2007: Cambridge University Press, 16.

Die globale Dimension der Produktion antikolonialer Befreiungshelden war eng verflochten mit dem Kontext des Kalten Krieges und der Konjunktur sozialistischer und kommunistischer Staaten sowohl im Ostblock als auch in der Bewegung blockfreier Staaten. Das heißt nicht, dass alle der kommunistischen Widerstandskämpfer, die erfolgreich gegen eine Kolonialmacht kämpften und später die Herrschaft errangen, gleichermaßen international orientiert waren. Das wohl deutlichste Gegenbeispiel ist der nordkoreanische Partisanenführer und spätere Diktator Kim Il-sung (1912–1994), der seine Legitimität aus dem Kampf gegen die japanische Kolonialherrschaft bezog. Als Staatschef verfolgte er eine Politik der Isolation und Autarkie und gleichzeitig eines ungebändigten Personenkultes, der alle Heroisierungsnarrative Nordkoreas auf seine Person zuspitzte (vgl. Quelle 5).

Lied auf General Kim Il-sung

Das Lied auf General Kim Il Sung

1. Rot floss das Blut, Blut floss herab vom Berge Jangbaek,
auch das Amnokwasser so rot, blutrot floss es hinweg.
Blumen erblühen heute, Blumen rot wie Blut,
Blumen im freien Land, Korea hat es gut:

Heiß ersehnt der General, weltbekannt das Wort Alt und Jung,
heute kündet überall seinen Ruhm dies Lied: Kim Il Sung!

2. Sag, wilder Sturm, sag Mandschurei, sag Schnee und sag Eis,
sag, du undurchdringlicher Wald, sag, wem gibst du den Preis?
Wer ist der Partisanen allergrößter Held?
Wer hat der Heimat stolzes Banner aufgestellt?

Heiß ersehnt der General, weltbekannt das Wort Alt und Jung,
heute kündet überall seinen Ruhm dies Lied: Kim Il Sung!

3. Er führte die Arbeiter in die Freiheit hinein,
leuchtend wie der Frühsonnenstrahl wärmt uns alle sein Schein.
Eins, im Programm der zwanzig Punkte fest vereint
über Korea hell die Frühlingssonne scheint:

Heiß ersehnt der General, weltbekannt das Wort Alt und Jung,
heute kündet überall seinen Ruhm dies Lied: Kim Il Sung!


Quelle: http://www.nordkorea-info.de/das-lied-auf-general-kim-il-sung.html. (Zugriff am 7.3.2018.)

Erläuterung: Das Lied auf General Kim Il-sung wird neben einer Fülle anderer hagiographischer Texte von und über Kim Il-sung in deutscher Sprache auf der Webseite des nordkoreanischen Tourismusverbandes präsentiert.

Ganz anders verhielt es sich mit Che Guevara (1928–1967), dem kubanischen Revolutionär, der eigentlich Argentinier war, seinen Kampf für die Weltrevolution im Kongo und Bolivien weiterführte und zu einer globalen Ikone wurde. In der Sozialistischen Internationale stellte der revolutionäre Kampf für die Interessen der Unterdrückten das Bindeglied dar, das über Staatsgrenzen hinweg die Identifikation mit Helden ermöglichen sollte. Auch in sozialistischen Staaten Europas wurde daher in Kunst, Literatur und staatlichen Medien die Heroisierung antikolonialer Freiheitskämpfer betrieben, oft bei gleichzeitiger Verdrängung der eigenen kolonisatorischen Vergangenheit. In Ungarn zum Beispiel wurden das heroische Vorbild Vietnams und zunächst auch die Helden der kubanischen Revolution begeistert gefeiert und in Bezug zur eigenen Geschichte, der Revolution von 1848, gesetzt: „Che Guevara was a modern-day reincarnation of Hungarian romantic hero-martyr Sándor Petőfi.“52Vgl. Mark, James / Apor, Péter: „Socialism goes Global. Decolonization and the Making of a New Culture of Internationalism in Socialist Hungary, 1956–1989“. In: The Journal of Modern History 87 (2015): 852–891, hier 864. Im Laufe der 1960er-Jahre, mit der Konsolidierung und Bürokratisierung des ungarischen Sozialismus, erschien es allerdings zunehmend notwendig, die Attraktivität des romantischen revolutionären Helden Che Guevara einzuhegen. Militärischer Wagemut, heroisches Handeln und revolutionärer Drang galten nun als unerwünscht; Che Guevara wurde zum Symbol der Verantwortungslosigkeit. 1970 attestierte ihm der ungarische Kultusminister, er sei zwar durchaus ein Held gewesen, der das Unmögliche möglich gemacht habe, doch er hätte ein größerer Held sein können, wenn er sich der Kärrnerarbeit des sozialistischen Aufbaus gewidmet hätte, wie es etwa Lenin getan habe.53Vgl. Mark / Apor: „Socialism goes Global“, 2015, 880. Unproblematischer war insofern Ho Chi Minh, der sich als internationaler sozialistischer Held etablieren konnte, dem aber im Gegensatz zu Che Guevara nicht der Sprung zur popkulturellen Ikone gelang.

4.3. Gewalt

Die Tatsache, dass der Prozess der Dekolonisation überwiegend gewaltsam verlief, hatte Auswirkungen auf die Heldenfiguren, die aus ihm hervorgingen, und auf die Strategien ihrer Heroisierung. Überwiegend wurden Kämpfer heroisiert, mitsamt der von ihnen verübten Gewalt. Legitimiert wurde dieses Gewalthandeln durch die von der militärisch überlegenen Kolonialmacht ausgehende Aggression. Den Unabhängigkeitskriegen war eine Asymmetrie der Kräfte zu eigen, die Heroisierungen begünstigte: Die Erringung der Unabhängigkeit erschien als Sieg gegen einen übermächtigen Gegner, selbst wenn die Unabhängigkeit selten das unmittelbare Resultat eines gewonnenen Krieges war. In der Folge dominierten martialische Formen der Heldenverehrung und des Heldengedenkens, häufig kombiniert mit einer starken Rolle des Militärs in den unabhängigen Nationalstaaten.

Dieser Hang zu martialischem Heldentum verkörperte sich nicht nur in der Auswahl der Heldenfiguren, sondern auch in den Heroisierungsnarrativen und -ikonographien. So taucht die Kalaschnikow als typische Guerillawaffe in heroischen Darstellungen immer wieder auf. Der Heroes’ Acre in Namibia zeigt eine sechs Meter hohe Statue eines Kämpfers, der mit der rechten Hand ausholt, um eine Handgranate zu werfen. In der linken Hand trägt er eine Kalaschnikow (vgl. Abb. 11).54Vgl. Becker: „Commemorating Heroes in Windhoek and Eenhana“, 2012, 525. Der Heroes’ Acre in Simbabwe ist komplett in Form von zwei Kalaschnikow-Gewehren angelegt; die Heldengräber symbolisieren die Magazine.55Vgl. Mpofu: „Participation, Citizen Journalism and the Contestations of Identity and National Symbols“, 2016, 66. Dieser martialische Heldenkult weist eine hohe Persistenz auf. So gehen auch die Prozesse der Privatisierung und Diversifizierung des Heldengedenkens in Vietnam nicht mit einer Abkehr vom kriegerischen Heldentum einher, sondern es geht eher darum, bislang marginalisierte Gruppen in die Kategorie der heroischen Kämpfer einzuschließen.56Vgl. Großheim: „Der Krieg und der Tod“, 2017, 578.

Statue auf dem Heroes’ Acre, Windhoek, Namibia
Statue auf dem Heroes’ Acre, Windhoek, Namibia
Statue auf dem Heroes’ Acre, Windhoek, Namibia
Statue auf dem Heroes’ Acre, Windhoek, Namibia
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Quelle

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Erläuterung

Die sechs Meter hohe Statue zeigt einen Kämpfer, der mit der rechten Hand ausholt, um eine Handgranate zu werfen. In der linken Hand trägt er eine Kalaschnikow.

Statue auf dem Heroes’ Acre, Windhoek, Namibia
Erläuterung: Die sechs Meter hohe Statue zeigt einen Kämpfer, der mit der rechten Hand ausholt, um eine Handgranate zu werfen. In der linken Hand trägt er eine Kalaschnikow.

Es gibt durchaus Abweichungen vom Modell des martialischen Freiheitskämpfers, etwa in Staaten wie Tunesien und Malaysia, in denen die Unabhängigkeit primär auf dem Verhandlungsweg erzielt wurde. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Statue Ruben Um Nyobés mit einer Aktentasche, die ihn bei der Rückkehr von einem UNO-Gipfel an seinen Heimatort zeigen soll (vgl. Abb. 7). Das Auftreten auf internationalem Parkett trägt hier zur Heroisierung bei.

Der prominenteste Fall, in dem die explizite Absage an Gewalt zu einer ausgeprägten Heroisierung führte, ist der von Gandhi (1869–1948), dem indischen Nationalhelden. Es dürfte kein Zufall sein, dass er gleichzeitig eine Ausnahme von Benedict Andersons Beobachtung darstellt, dass es sich bei den Vorreitern der letzten Welle der Nationalstaatsgründung fast durchweg um junge Männer handelte.57Vgl. Anderson: „Die Erfindung der Nation“, 1998, 105. Gandhi hingegen befand sich zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit Indiens am Ende seines achten Lebensjahrzehnts. Gandhis Status als Ikone der Gewaltlosigkeit mag auch dazu gedient haben, den tatsächlich sehr blutigen Verlauf der auf die Unabhängigkeit folgenden Teilung Indiens in der nationalen Erinnerung in den Hintergrund zu drängen. Er überlagert in der indischen und internationalen Wahrnehmung oft eine wesentlich komplexere Geschichte der Nationalstaatswerdung, in der zahlreiche, gewalttätige wie gewaltlose, Akteure eine Rolle spielten und neben Gandhis Programm der Gewaltlosigkeit auch radikale gewaltbejahende politische Philosophien entstanden.58Vgl. Kapila, Shruti: „A History of Violence“. In: Modern Intellectual History 7.2 (2010), 437–457. Zwischen Krieg und Gewaltverweigerung lag ein weites Handlungsfeld, das von Streiks, Blockaden und Akten zivilen Ungehorsams bis zu Sabotageakten und Attentaten reichte. Der Fokus der nationalen Erinnerung auf Gandhi reproduzierte dessen – mit der britischen Wahrnehmung übereinstimmende – Sicht auf militantere Unabhängigkeitskämpfer wie Bhagat Singh (1907–1931) als Terroristen.59Vgl. Nair, Neeti: „Bhagat Singh as ‚Satyagrahi‘. The Limits to Non-violence in Late Colonial India“. In: Modern Asian Studies 43.3 (2009), 649–681. Die Frage, ob Bhagat Singh nicht der größere Held und Gandhi an seinem Tod mitschuldig gewesen sei, ist in Indien bis heute konfliktbehaftet und mit konfessionell unterschiedlichen Wahrnehmungen verknüpft.

Bhagat Singh
Wandbild Bhagat Singhs in Rewalsar, Indien
Wandbild Bhagat Singhs in Rewalsar, Indien
Wandbild Bhagat Singhs in Rewalsar, Indien
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Quelle

John Hill / Wikimedia Commons

Wandbild Bhagat Singhs in Rewalsar, Indien

In der Bewertung des Indischen Aufstands von 1857 hingegen scheint, möglicherweise bedingt durch die zeitliche Distanz, die Frage nach der Legitimität von Gewalt keine Rolle zu spielen. Der erfolgreiche indische Film The Rising (2005) heroisiert den Initiator Mangal Pandey (1831–1857) als „ersten Unabhängigkeitskämpfer“ und Märtyrer und greift damit ein verbreitetes Narrativ auf. Der Filmvorspann führt folgendermaßen in die Geschichte ein:

„The man who changed history
his courage inspired a nation
his sacrifice gave birth to a dream
his name will forever stand for FREEDOM.“60Erll, Astrid: „Remembering across Time, Space, and Cultures. Premediation, Remediation and the ‚Indian Mutiny‘“. In: Erll, Astrid / Rigney, Ann: Mediation, Remediation, and the Dynamics of Cultural Memory. Berlin 2009: De Gruyter, 109–138, hier 129.

Die Jahre 1857 und 1947 werden in diesem Film eng als Erinnerungsorte der indischen Geschichte verknüpft; die Bilder des Abspanns verbinden den meuternden Soldaten Mangal Pandey mit den von Gandhi organisierten Protestmärschen. Das Motiv des Freiheitskampfes drängt die Frage von Gewalt und Gewaltlosigkeit in den Hintergrund.61Vgl. Erll: „Remembering across Time“, 2009, 128–131.

4.4. Geschlecht

Eine Folge der Dominanz des maskulin besetzten Typus des martialischen Freiheitskämpfers unter den Helden der Dekolonisation ist eine extrem geringe Zahl von Heldinnen.62Vgl. Carrier, Neil / Nyamweru, Celia: „Reinventing Africa’s National Heroes. The Case of Mekatilili, a Kenyan Popular Heroine“. In: African Affairs 115 (2016), 599–620, hier 600. Ein Übriges tat die Monopolisierung der Heldenverehrung durch politische Eliten der unabhängigen Staaten, unter denen sich ebenfalls kaum Frauen befanden. Ausnahmen – sowohl mit Bezug auf die Staatsführung als auch mit Bezug auf den Heldenstatus – betrafen nicht selten Ehefrauen, Witwen oder Töchter berühmter männlicher Freiheitskämpfer. So waren im Jahr 2015 unter 110 Nationalhelden, die auf Simbabwes Heroes’ Acre beerdigt waren, nur sechs Frauen, überwiegend Ehefrauen prominenter Vertreter von Mugabes ZANU PF. Tatsächlich spielten im Unabhängigkeitskampf zahlreiche Frauen eine wichtige Rolle; sie kamen im offiziellen Heldengedenken mangels einschlägiger familiärer Verbindungen aber nicht vor.63Vgl. Goredema/ Chigora: „Fake heroines“, 2009; Marongwe, Ngonidzashe / Mgadzike, Blessed: „The Challenges of Honoursing Female Liberation War Icons in Zimbabwe. Some Discourses about the National Heroes Acre“. In: Mawere, Munyaradzi / Mubaya, Tapuwa R. (Hg.): Colonial Heritage, Memory and Sustainability in Africa. Challenges, Opportunities and Prospects. Bamenda 2016: Langaa, 139–168.

Sofern eine gewisse symbolische Repräsentation von Frauen im Heldenpantheon angestrebt war, entsprach diese meist dem maskulin-martialischen Heldentypus. Das Monument auf dem „Grab des unbekannten Soldaten“ auf Simbabwes Heroes’ Acre stellt zwei Männer und eine Frau dar. Der kämpferisch-entschlossene Gesichtsausdruck der Frau entspricht dem der Männer, und sie trägt ebenfalls ein Maschinengewehr (vgl. Abb. 9). Auch die indonesischen Nationalheldinnen Cut Nyak Dhien und Cut Nyak Meutia, die 1964 gemeinsam mit der Frauenrechtsikone Kartini (1879–1904) als erste Frauen in die Riege der Nationalhelden aufgenommen wurden, gehörten – zumindest in ihrer offiziellen Darstellung und öffentlichen Wahrnehmung – diesem Typus an.64Vgl. Vredian, Fiqh: „Masculinities and Peacebuilding Agency in Ambon and Aceh“. In: Center for Religious and Cross-Cultural Studies, Graduate School, Universitas Gadjah Mada, 2018. Online unter: https://crcs.ugm.ac.id/news/11948/masculinities-and-peacebuilding-agency-in-ambon-and-aceh.html (Zugriff am 08.03.2018).

Sozialistisch orientierte Bewegungen und Staaten neigten besonders dazu, Frauen zumindest symbolisch eine kämpferische Rolle zuzuweisen. So wurde in Vietnam im Verlauf des 20. Jahrhunderts die hagiographische Legende der Tru’ng-Schwestern aufgewertet und zu einem nationalen Mythos umgedeutet. Die beiden Töchter eines lokalen Adeligen aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., denen eine gerechte, aber letztlich erfolglose Rebellion gegen einen unterdrückerischen chinesischen Gouverneur zugeschrieben wurde, wurden im Verlauf der Kolonialzeit und der postkolonialen Ära zu Nationalheldinnen, die als Identifikationsfiguren und Sinnbilder eines heroischen Erbes dienen sollten. Ihre Rebellion wandelte sich im Verlauf der Neuerzählungen von einer elitären Revolte zu einer Massenbewegung. Krieg war dabei durchweg positiv besetzt als einzig effektive Form des Widerstandes. Während allerdings vorkoloniale Darstellungen das Geschlecht der Schwestern eher als Schwachpunkt und Grund ihrer Niederlage deuteten, wurden sie in späteren Schilderungen immer häufiger als fähige patriotische Führerinnen dargestellt und sollten damit auch Rollenvorbilder für vietnamesische Frauen sein.65Vgl. Womack, Sarah: „The Remakings of a Legend. Women and Patriotism in the Hagiography of the Tru’ng Sisters“. In: Crossroads 9.2 (1995), 31–50. Insbesondere im Vietkong, aber auch in den südvietnamesischen Streitkräften kämpften zahlreiche Frauen.66Zu Südvietnam vgl. Stur, Heather: „South Vietnam’s ‚Daredevil Girls‘“. In: New York Times, 1. August 2017. Online unter: https://www.nytimes.com/2017/08/01/opinion/vietnam-war-girls-women.html (Zugriff am 08.03.2018). Einem ikonischen Foto des nordvietnamischen Kriegsfotografen Le Minh Truong lässt sich entnehmen, warum gerade die Heroisierung von Kämpferinnen starke Wirkung entfalten kann (vgl. Abb. 13). Es stellt eine junge Frau dar, im Alter von 24 Jahren bereits zweimal verwitwet, die dennoch für den Vietkong Wache hält. Ihr amerikanisches Gewehr hält sie schussbereit, ihre Haltung und ihr Blick signalisieren ruhige Entschlossenheit. Jugend und Weiblichkeit dienen hier als Kontrastfolie, vor der der Kampfesmut der Soldatin und ihre Bereitschaft, zu töten und zu sterben, besonders deutlich hervortreten. Derartige Bilder wurden häufig für Propagandazwecke verwendet und entsprechend inszeniert. Ein Foto von Lam Hong zeigt, wie die Opfer eines amerikanischen Angriffs nicht nur vor vietnamesischen und ausländischen Journalisten nach ihren Erlebnissen befragt, sondern auch für die Fotografen in Szene gesetzt wurden (vgl. Abb. 14).

Im antikommunistischen Malaysia hingegen war weibliches Heldentum vor allem mit Hilfsleistungen für Männer assoziiert. So war Siti Rahmah Kassim (1926–2017) dafür berühmt, Tunku Abdul Rahman spontan ihr goldenes Armband geschenkt zu haben, damit er eine Reise nach England finanzieren könne, um mit den Briten über die Unabhängigkeit zu verhandeln. Dies soll zahlreiche Malaysier motiviert haben, ebenfalls für diesen Zweck zu spenden.67Vgl. Chu, Mei Mei: „Siti Rahmah, Unsung Hero in Fight for Merdeka, Dies“. In: The Star Online, 24. März 2017. Online unter: https://www.thestar.com.my/news/nation/2017/03/24/siti-ramah-unsung-hero-in-fight-for-merdeka-dies/ (Zugriff am 08.03.2018).

In einigen Ländern mit ritualisierter Verehrung antikolonialer Helden ist in den vergangenen Jahren die Sensibilität für die geringe Repräsentation von Frauen im jeweiligen nationalen Heldenpantheon gestiegen. So gab es in Kenia eine Gegenbewegung zur stark maskulin aufgeladenen Heldenkultur der postkolonialen Epoche. Diese Neuorientierung wurde nach dem Auftreten gewaltsamer ethnischer Konflikte im Jahr 2008 auch staatlicherseits mit hoher Dringlichkeit betrieben. Der männliche, martialische, ethnisch und ideologisch eng begrenzte Heldenkanon galt nun als spaltendes Moment. Es wurden staatliche Komitees eingerichtet, die für mehr Diversität sorgen sollten; dies war begleitet von hohem Engagement zivilgesellschaftlicher Akteure, mit dem Resultat, dass die Verehrung Jomo Kenyattas (1893–1978) durch die Verehrung einer breiten Palette an Nationalhelden und -heldinnen ersetzt wurde. So wurde zum Beispiel der Nationalfeiertag von „Kenyatta-Tag“ in „Tag der Helden (mashujaa)“ umbenannt. Im neuen kenianischen Pantheon nimmt Mekatilili wa Menza, die 1913 einen Aufstand gegen die Briten anführte, eine zentrale Rolle ein; 2010 wurde eine Statue von ihr in den Uhuru Gardens in Nairobi, dem zentralen Ort des Gedenkens an die Unabhängigkeit, enthüllt und ein Festival zu ihren Ehren initiiert.68Ein Foto der Statue Mekatililis findet sich in Kihuria, Njonjo: „How colonial askaris ‚borrowed‘ wives at the Coast“. In: The Star, 21. Februar 2013. Online unter: https://www.the-star.co.ke/news/2013/02/21/how-colonial-askaris-borrowed-wives-at-the-coast_c740370 (Zugriff am 05.04.2018). Kenianische Frauen können aufgrund besonderer Verdienste Mekatililis Namen als Ehrentitel erhalten. Mekatilili wurde zu einem nationalen Mythos aufgebaut und stellte damit einen Gegenpol zu den Patriarchen der afrikanischen und weltweiten antikolonialen Befreiungsbewegungen dar. Auch hier geht eine Diversifizierung des Heldenkultes allerdings nicht mit einer Infragestellung seiner martialischen Ausrichtung einher.69Vgl. Carrier / Nyamweru: „Reinventing Africa’s National Heroes“, 2016; „Mekatilili Takes Place of Honour“. In: Daily Nation, 20. Oktober 2010. Online unter: https://www.nation.co.ke/news/politics/1064-1036930-frxcbr/index.html (Zugriff am 08.03.2018).

5. Forschungsperspektiven

Insgesamt sind Heroisierungsprozesse im Zuge der Dekolonisation ein sehr junges Forschungsfeld. Die vorliegenden Untersuchungen konzentrieren sich überwiegend auf einzelne Länder und Fallstudien und liefern zahlreiche Befunde, die in einen größeren Kontext einzubetten lohnend wäre. Lediglich zu Afrika liegen einige wenige vergleichende und übergreifende Betrachtungen vor.70Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 2014; Berenson, Heroes of Empire, 2011. Zu vielen Ländern findet sich überhaupt keine Forschung, was einerseits die unterschiedlich günstigen Forschungsbedingungen vor Ort und andererseits Unausgewogenheiten in den Regionalwissenschaften widerspiegelt, die zum Teil historische Ursachen haben, zum Teil zufallsbedingt sein mögen.

Ein wichtiges, noch unzureichend erschlossenes Forschungsfeld betrifft die Ikonographie von antikolonialen Heldinnen und Helden, auch im länderübergreifenden Vergleich einschließlich des sozialistischen Kontextes. Auch die Fotografie als Medium der Heroisierung in postkolonialen Kontexten ist bislang kaum untersucht.

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist festzustellen, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zahlreicher postkolonialer Staaten zunehmend zur Erschließung nationaler Heroisierungs- und Erinnerungskulturen in ihren Gesellschaften beitragen. Gerade im Hinblick auf außerstaatliche Erinnerungskulturen und Gegendiskurse, zu denen der Forschungsstand bislang rudimentär ist, erweisen sich diese Beiträge als innovativ und weiterführend.

6. Einzelnachweise

  • 1
    Osterhammel, Jürgen: Dekolonisation. Das Ende der Imperien. München 2013: C.H. Beck, 7.
  • 2
    Vgl. Anderson, Benedict: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts. Berlin 1998: Ullstein, 100–121.
  • 3
    Vgl. Osterhammel: Dekolonisation, 2013, 9.
  • 4
    Vgl. hierzu grundlegend Sèbe, Berny: Heroic Imperialists in Africa. The Promotion of British and French Colonial Heroes, 1870–1939. Manchester 2013: Manchester University Press.
  • 5
    Vgl. Malinowski, Stephan: „Modernisierungskriege. Militärische Gewalt und koloniale Modernisierung im Algerienkrieg (1954–1962) “. In: Kruke, Anja (Hg.): Dekolonisation. Prozesse und Verflechtungen 1945–1990. Bonn 2009: Dietz, 213–248.
  • 6
    Vgl. Sèbe, Berny: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation-Building? British and French Imperial Heroes in Twenty-First-Century Africa“. In: The Journal of Imperial and Commonwealth History 42.5 (2014), 936–968, hier 936.
  • 7
    Vgl. Trotman, David V.: „Acts of Possession and Symbolic Decolonisation in Trinidad and Tobago“. In: Carribean Quarterly 58.1 (2012), 21–43.
  • 8
    Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation-Building?“, 2014, 940–945.
  • 9
    Berenson, Edward: Heroes of Empire. Five Charismatic Men and the Conquest of Africa. Berkeley / Los Angeles 2011: University of California Press, 273.
  • 10
    Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building? “, 2014, 945–946.
  • 11
    Vgl. Taithe, Bertrand / Davis, Katherine: „‚Heroes of Charity?‘ Between Memory and Hagiography: Colonial Medical Heroes in the Era of Decolonisation“. In: The Journal of Imperial and Commonwealth History 42.5 (2014), 912–935, hier 923–924.
  • 12
    Vgl. Taithe / Davis: „‚Heros of Charity?‘“, 2014, 924–926.
  • 13
    Vgl. Koplik, Mark: „Le Grand Blanc de Lambaréné“. In: Film Notes. Online unter: https://www.albany.edu/writers-inst/webpages4/filmnotes/fns98n4.html (Zugriff am 02.03.2018).
  • 14
    Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 2014, 946–951.
  • 15
    Vgl. Berenson: Heroes of Empire, 2011, 275.
  • 16
    Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 2014, 953–962; Berenson: Heroes of Empire, 2011, 283–285.
  • 17
    Vgl. Jorio, Rosa de: „Politics of Remembering and Forgetting. The Struggle over Colonial Monuments in Mali“. In: Africa Today 52.4 (2006), 79–106; Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 952–953.
  • 18
    Vgl. „How a Forgotten British Captain is a Hero in Myanmar“. In: BBC News, 31. Januar 2016. Online unter: http://www.bbc.com/news/world-asia-35192153 (Zugriff am 02.03.2018); Gray, Denis, D.: „Hero’s Commemoration Links WWII with Rohingya Crisis“. In: Nikkei Asian Review, 25. November 2017. Online unter: https://asia.nikkei.com/Life-Arts/Life/Hero-s-commemoration-links-WWII-with-Rohingya-crisis (Zugriff am 02.03.2018); „British Heroes of Sandakan Remembered“. In: The Star Online, 29. August 2011. Online unter: https://www.thestar.com.my/news/nation/2011/08/29/british-heroes-of-sandakan-remembered/ (Zugriff am 02.03.2018); Mokhtar, Mariam. „The Forgotten M’sian Heroine: Sybil Kathigasu“. In: Hornbill Unleashed, 13. Juni 2010. Online unter: https://hornbillunleashed.wordpress.com/2010/06/13/7532/ (Zugriff am 02.03.2018).
  • 19
    Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 2014, 945–946. S. auch Anderson: Die Erfindung der Nation, 1998, 157.
  • 20
    Jansen, Jan C.: „Creating National Heroes. Colonial Rule, Anticolonial Politics and Conflicting Memories of Emir ‘Abd al-Qadir in Algeria, 1900–1960s“. In: History and Memory 2.3 (2016), 3–46, hier 3–4.
  • 21
    Vgl. Anderson: Die Erfindung der Nation, 1998, 113–114.
  • 22
    Melady, Thomas Patrick / Melady, Margaret Badum: Ten African Heroes. The Sweep of Independence in Black Africa. Maryknoll 2011: Orbis, 49–68.
  • 23
    Vgl. Heinze, Robert: „‚Decolonising the Mind‘. Nationalismus und Nation Building im Rundfunk in Namibia und Sambia.“ In: Kruke, Anja (Hg.): Dekolonisation. Prozesse und Verflechtungen 1945–1990. Bonn 2009: Dietz, 295–316, hier 306-309.
  • 24
    Vgl. Scagliola, Stef: „The Silences and Myths of a ‚Dirty War‘: Coming to Terms with the Dutch–Indonesian Decolonisation War (1945–1949)“. In: European Review of History 14.2 (2007), 235–262, hier 245–246; Artaria, Myrtati Dyah: „Heroes and Heroines“. In: Lee, Jonathan H.X. / Nadeau, Kathleen (Hg.): Encyclopedia of Asian American Folklore and Folklife. Bd. 2. Santa Barbara 2011: ABC Clio, 538–540.
  • 25
    Ajami, Fouad: The Arab Predicament. Arab Political Thought and Practice since 1967. London 1981: Cambridge University Press, 85.
  • 26
    Vgl. Melber, Henning: „Limits to Liberation. An Examination of Namibia’s Post-Colonial Culture“. In: Ders. (Hg.): Re-Examining Liberation in Namibia. Political Culture since Independence. Uppsala 2003: Nordiska Afrikainstitutet, 9-24, hier 11.
  • 27
    Vgl. Ya Kama, Lisapo: „Um Nyobe, the Forgotten Father of the Independence of Cameroon“. In: African History. Histoire Africaine. Online unter: http://en.lisapoyakama.org/um-nyobe-the-forgotten-father-of-the-independence-of-cameroon/ (Zugriff am 06.03.2018); Dr. Y.: „Ruben Um Nyobé: Fighting for the Independence of Cameroon“. In: African Heritage, 2011. Online unter: https://afrolegends.com/2011/10/10/ruben-um-nyobe-fighting-for-the-independence-of-cameroon/ (Zugriff am 06.03.2018); Dr. Y.: „Ernst Ouandié: A Cameroonian and African Hero and Martyr“. In: African Heritage, 2018. Online unter: https://afrolegends.com/2018/01/15/ernest-ouandie-a-cameroonian-and-african-hero-and-martyr/ (Zugriff am 06.03.2018); „Ruben Um Nyobé immortalisé: Un monument à sa mémoire“. In: Made in Mboa, 13. September 2016. Online unter: http://madeinmboa.net/ruben-um-nyobe-immortalise-monument-a-memoire/ (Zugriff am 06.03.2018); „Il paraît qu’une stèle à l’image du nationaliste camerounais Ruben Um Nyobe sera bientôt érigée dans la ville de Douala“. In: Stop Blabla Cam, 2017. Online unter: https://www.stopblablacam.com/culture-et-societe/1907-862-il-parait-qu-une-stele-a-l-image-du-nationaliste-camerounais-ruben-um-nyobe-sera-bientot-erigee-dans-la-ville-de-douala (Zugriff am 06.03.2018); „Cameroun: Ruben Um Nyobé aura son monument à Douala“. In: Actu Cameroun, 19. Juli 2017. Online unter: https://actucameroun.com/2017/07/19/cameroun-ruben-um-nyobe-aura-son-monument-a-douala/ (Zugriff am 06.03.2018).
  • 28
    Vgl. Salem-Gervais, Nicolas / Metro, Rosalie: „A Textbook Case of Nation-Building. The Evolution of History Curricula in Myanmar“. In: Journal of Burma Studies 16.1 (2012), 27–78; Morris, Ben: „Leaving Burma Behind“. In: History Today 48.1 (2008), 51–53; „Myanmar Remembers Independence Hero on Martyr’s Day“. In: VOA News, 19. Juli 2015. Online unter: https://www.voanews.com/a/reu-myanmar-remembers-independence-hero-on-martyrs-day/2869301.html (Zugriff am 06.03.2018).
  • 29
    Vgl. Melady / Melady: Ten African Heroes, 2011, 105–119.
  • 30
    Vgl. „Mozambique Honours Nationalist Hero Eduardo Mondlane“. In: Panapress, 3. Februar 2007. Online unter: http://www.panapress.com/Mozambique-honours-nationalist-hero-Eduardo-Mondlane–13-502398-18-lang1-index.html (Zugriff am 06.03.2018).
  • 31
    Seibert, Gerhard: „Le massacre de février 1953 à São Tomé. Raison d’être du nationalisme santoméen“. In: Lusotopie 1997, 173–192, hier 187–189. Einen ähnlichen Märtyrertag mit explizitem Bezug zum Unabhängigkeitskampf hat auch Malawi; vgl.: Manda, Lewi: „Why Kamuzu Chose 3rd March as Martyrs‘ Day in Malawi“. In: The Nation, 3. März 2018. Online unter: http://mwnation.com/kamuzu-chose-3rd-march-martyrs-day-malawi/ (Zugriff am 06.03.2018).
  • 32
    Vgl. Jansen: „Creating National Heroes“, 2016.
  • 33
    Vgl. Holt, P.M.: „Sudanese Nationalism and Self-Determination, Part I“. In: Middle East Journal 10.3 (1956), 239–147; Voll, John: „The Sudanese Mahdi. Frontier Fundamentalist“. In: International Journal of Middle East Studies 10.2 (1979), 145–166; Warburg, Gabriel R.: „From Sufism to Fundamentalism. The Mahdiyya and the Wahhabiyya“. In: Middle Eastern Studies 45.4 (2009), 661–672.
  • 34
    Vgl. Abreu de Castaño, Inês Filipa: São Tomé e Príncipe: Cultura(s)/Património(s)/Museu(s). MA-Arbeit, Universidade Nova de Lisboa, September 2012, Bd 1, 31. Online unter: https://run.unl.pt/handle/10362/9288 (Zugriff am 05.03.2018).
  • 35
    Vgl. Bijl, Paul: „Colonial Memory and Forgetting in the Netherlands and Indonesia“. In: Journal of Genocide Research 14.3–4 (2012), 441–461.
  • 36
    Vgl. Salem-Gervais / Metro: „A Textbook Case of Nation-Building“, 2008.
  • 37
    Vgl. Aljunied, Khairudin: Radicals. Resistance and Protest in Colonial Malaya. DeKalb 2015: Northern Illinois University Press.
  • 38
    Vgl. De Jong, P.E. de Josselin: „The Rise and Decline of a National Hero“. In: Journal of the Malaysian Branch of the Royal Asiatic Society 38.2 (1965), 140–155; Nanney, Nancy K.: „Evolution of a Hero. The Hang Tuah/Hang Jebat Tale in Malay Drama“. In: Asian Theatre Journal 5.2 (1988), 164–174.
  • 39
  • 40
    Vgl. Wain, Barry: Malaysian Maverick. Mahathir Mohamad in Turbulent Times. Basingstoke 2009: Palgrave Macmillan, 53–123.
  • 41
    Vgl. „Angola Pays Tribues on Day of the National Hero“. In: Holidays around the World. Online unter: http://aglobalworld.com/holidays-around-the-world/angola-national-hero-day/ (Zugriff am 07.03.2018); „Cabral remembered on National Heroes Day“. In: ASemana, 20. Januar 2012. Online unter: http://www.asemana.publ.cv/?Cabral-remembered-on-National-Heroes-Day&ak=1 (Zugriff am 03.04.2018); Bogaerts, Els, ‚Wither Indonesian Culture?‘ Rethinking ‚Culture‘ in Indonesia in a Time of Decolonization. In: Lindsay, Jennifer / Liem, Maya H.T. (Hg.): Heirs to World Culture. Being Indonesian 1950–1965. Leiden 2012: KITLV Press, 223–254, hier 226; „It is Time for Kenyans to Stop Celebrating Madaraka Day“. In: The Conversation, 31. Mai 2017. Online unter: https://theconversation.com/it-is-time-for-kenyans-to-stop-celebrating-madaraka-day-78608 (Zugriff am 07.03.2018); „Celebrating the Heroes of Namibia“. In: Namibia. Endless Horizons. Online unter: http://www.namibiatourism.com.na/blog/Celebrating-the-Heroes-of-Namibia (Zugriff am 07.03.2018); „‚Heroes Day Not Just a Holiday, it Means a Lot‘“. In: The Herald, 12. August 2017. Online unter: https://www.herald.co.zw/heroes-day-not-just-a-holiday-it-means-a-lot/ (Zugriff am 07.03.2018).
  • 42
    Vgl. Mpofu, Shepherd: „Participation, Citizen Journalism and the Contestations of Identity and National Symbols. A Case of Zimbabwe’s National Heroes and the Heroes’ Acre“. In: African Journalism Studies 37.3 (2016), 85–106; Becker, Heike: „Commemorating Heroes in Windhoek and Eenhana. Memory, Culture and Nationalism in Namibia, 1990–2010“. In: Africa 81.4 (2011): 519–543; siehe auch Malaba, Sakhile: „Mugabe Says National Heroes Acre is Solely for Zanu PF Members“. In: Metro Zimbabwe, 1. Oktober 2010. Online unter: https://web.archive.org/web/20110626075612/http://www.zimbabwemetro.com/opinion/mugabe-says-national-heroes-acre-is-solely-for-zanu-pf-members/ (Zugriff am 07.03.2018).
  • 43
    Vgl. Schreiner, Klaus H.: „‚National Ancestors‘. The Ritual Construction of Nationhood“. In: Chambert-Loir, Henri/ Reid, Anthony (Hg.): The Potent Dead. Ancestors, Saints and Heroes in Contemporary Indonesia. Crows Nest und Honolulu 2002: Allen & Unwin / University of Hawai’i Press, 183–204.
  • 44
    Vgl. Schreiner, Klaus: „The Making of National Heroes. Guided Democracy to New Order“. In: Schulte Nordholt, Henk (Hg.): Outward Appearance. Dressing State and Society in Indonesia. Leiden 1997: KITLV Press, 259–290; Anderson, Benedict O.G.: Language and Power. Exploring Political Cultures in Indonesia. Jakarta 2006: Equinox Indonesia (Nachdruck der Originalausgabe Ithaca 1990: Cornell University Press), 173–183.
  • 45
    Vgl. Bijl: „Colonial Memory and Forgetting“, 2012, 452–458.
  • 46
    Vgl. Salem-Gervais / Metro: „A Textbook Case of Nation-Building“, 2008.
  • 47
    Vgl. Goredema, Dorothy / Chigora, Percyslage: „Fake heroines and the falsification of history in Zimbabwe 1980–2009“. In: African Journal of History and Culture 1.5 (2009), 76–83; Yusop, Al-Jafree Md / Zahar, Syed: „The Original Heroes of Merdeka“. In: Malaysian Digest, 25. August 2011. Online unter: http://www.malaysiandigest.com/archived/index.php/15-features/personality/33392-the-original-heroes-of-merdeka.html (Zugriff am 07.03.2018).
  • 48
    Vgl. Großheim Martin: „Der Krieg und der Tod. Heldengedenken in Vietnam“. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 65.4 (2017), 545–581.
  • 49
    Vgl. Lauser, Andrea: „Zwischen Heldenverehrung und Geisterkult. Politik und Religion im gegenwärtigen spätkommunistischen Vietnam“. In: Zeitschrift für Ethnologie 133.1 (2008), 121–144.
  • 50
    Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation-Building?“, 2014, 941; Large, Daniel / Patey, Luke: „Sudan ‚Looks East‘“. In: Dies. (Hg.): China, India and the Politics of Asian Alternatives. Woodbridge 2011: James Currey, 1–34, hier 5.
  • 51
    Khalili, Laleh: Heroes and Martyrs of Palestine. The Politics of National Commemoration, Cambridge 2007: Cambridge University Press, 16.
  • 52
    Vgl. Mark, James / Apor, Péter: „Socialism goes Global. Decolonization and the Making of a New Culture of Internationalism in Socialist Hungary, 1956–1989“. In: The Journal of Modern History 87 (2015): 852–891, hier 864.
  • 53
    Vgl. Mark / Apor: „Socialism goes Global“, 2015, 880.
  • 54
    Vgl. Becker: „Commemorating Heroes in Windhoek and Eenhana“, 2012, 525.
  • 55
    Vgl. Mpofu: „Participation, Citizen Journalism and the Contestations of Identity and National Symbols“, 2016, 66.
  • 56
    Vgl. Großheim: „Der Krieg und der Tod“, 2017, 578.
  • 57
    Vgl. Anderson: „Die Erfindung der Nation“, 1998, 105.
  • 58
    Vgl. Kapila, Shruti: „A History of Violence“. In: Modern Intellectual History 7.2 (2010), 437–457.
  • 59
    Vgl. Nair, Neeti: „Bhagat Singh as ‚Satyagrahi‘. The Limits to Non-violence in Late Colonial India“. In: Modern Asian Studies 43.3 (2009), 649–681.
  • 60
    Erll, Astrid: „Remembering across Time, Space, and Cultures. Premediation, Remediation and the ‚Indian Mutiny‘“. In: Erll, Astrid / Rigney, Ann: Mediation, Remediation, and the Dynamics of Cultural Memory. Berlin 2009: De Gruyter, 109–138, hier 129.
  • 61
    Vgl. Erll: „Remembering across Time“, 2009, 128–131.
  • 62
    Vgl. Carrier, Neil / Nyamweru, Celia: „Reinventing Africa’s National Heroes. The Case of Mekatilili, a Kenyan Popular Heroine“. In: African Affairs 115 (2016), 599–620, hier 600.
  • 63
    Vgl. Goredema/ Chigora: „Fake heroines“, 2009; Marongwe, Ngonidzashe / Mgadzike, Blessed: „The Challenges of Honoursing Female Liberation War Icons in Zimbabwe. Some Discourses about the National Heroes Acre“. In: Mawere, Munyaradzi / Mubaya, Tapuwa R. (Hg.): Colonial Heritage, Memory and Sustainability in Africa. Challenges, Opportunities and Prospects. Bamenda 2016: Langaa, 139–168.
  • 64
    Vgl. Vredian, Fiqh: „Masculinities and Peacebuilding Agency in Ambon and Aceh“. In: Center for Religious and Cross-Cultural Studies, Graduate School, Universitas Gadjah Mada, 2018. Online unter: https://crcs.ugm.ac.id/news/11948/masculinities-and-peacebuilding-agency-in-ambon-and-aceh.html (Zugriff am 08.03.2018).
  • 65
    Vgl. Womack, Sarah: „The Remakings of a Legend. Women and Patriotism in the Hagiography of the Tru’ng Sisters“. In: Crossroads 9.2 (1995), 31–50.
  • 66
    Zu Südvietnam vgl. Stur, Heather: „South Vietnam’s ‚Daredevil Girls‘“. In: New York Times, 1. August 2017. Online unter: https://www.nytimes.com/2017/08/01/opinion/vietnam-war-girls-women.html (Zugriff am 08.03.2018).
  • 67
    Vgl. Chu, Mei Mei: „Siti Rahmah, Unsung Hero in Fight for Merdeka, Dies“. In: The Star Online, 24. März 2017. Online unter: https://www.thestar.com.my/news/nation/2017/03/24/siti-ramah-unsung-hero-in-fight-for-merdeka-dies/ (Zugriff am 08.03.2018).
  • 68
    Ein Foto der Statue Mekatililis findet sich in Kihuria, Njonjo: „How colonial askaris ‚borrowed‘ wives at the Coast“. In: The Star, 21. Februar 2013. Online unter: https://www.the-star.co.ke/news/2013/02/21/how-colonial-askaris-borrowed-wives-at-the-coast_c740370 (Zugriff am 05.04.2018).
  • 69
    Vgl. Carrier / Nyamweru: „Reinventing Africa’s National Heroes“, 2016; „Mekatilili Takes Place of Honour“. In: Daily Nation, 20. Oktober 2010. Online unter: https://www.nation.co.ke/news/politics/1064-1036930-frxcbr/index.html (Zugriff am 08.03.2018).
  • 70
    Vgl. Sèbe: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation Building?“, 2014; Berenson, Heroes of Empire, 2011.

7. Ausgewählte Literatur

  • Becker, Heike: „Commemorating Heroes in Windhoek and Eenhana. Memory, Culture and Nationalism in Namibia, 1990–2010“. In: Africa 81.4 (2011): 519–543.
  • Berenson, Edward: Heroes of Empire. Five Charismatic Men and the Conquest of Africa. Berkeley/Los Angeles 2011: University of California Press.
  • Carrier, Neil / Nyamweru, Celia: „Reinventing Africa’s National Heroes. The Case of Mekatilili, a Kenyan Popular Heroine“. In: African Affairs 115 (2016), 599-620.
  • Großheim, Martin: „Der Krieg und der Tod. Heldengedenken in Vietnam“. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 65.4 (2017), 545-581.
  • Jansen, Jan C.: „Creating National Heroes. Colonial Rule, Anticolonial Politics and Conflicting Memories of Emir ‘Abd al-Qadir in Algeria, 1900–1960s“. In: History and Memory 28.3 (2016), 3-46.
  • Jorio, Rosa de: „Politics of Remembering and Forgetting. The Struggle over Colonial Monuments in Mali“. In: Africa Today 52.4 (2006), 79-106.
  • Mpofu, Shepherd: „Participation, Citizen Journalism and the Contestations of Identity and National Symbols. A Case of Zimbabwe’s National Heroes and the Heroes’ Acre“. In: African Journalism Studies 37.3 (2016), 85-106.
  • Salem-Gervais, Nicolas / Metro, Rosalie: „A Textbook Case of Nation-Building. The Evolution of History Curricula in Myanmar“. In: Journal of Burma Studies 16.1 (2012), 27-78.
  • Schreiner, Klaus: „The Making of National Heroes. Guided Democracy to New Order“. In: Schulte Nordholt, Henk (Hg.): Outward Appearance. Dressing State and Society in Indonesia. Leiden 1997: KITLV Press, 259-290.
  • Schreiner, Klaus H.: „‚National Ancestors‘. The Ritual Construction of Nationhood“. In: Chambert-Loir, Henri / Reid, Anthony (Hg.): The Potent Dead. Ancestors, Saints and Heroes in Contemporary Indonesia. Crows Nest/Honolulu 2002: Allen & Unwin/University of Hawai’i Press, 183-204.
  • Sèbe, Berny: „From Post-Colonialism to Cosmopolitan Nation-Building? British and French Imperial Heroes in Twenty-First-Century Africa“. In: The Journal of Imperial and Commonwealth History 42.5 (2014), 936-968.
  • Waliaula, Ken Walibora: „The Thoughful Museum. Remembering and Disremembering in Africa“. In: Curator. The Museum Journal 55.2 (2012), 113-127.
  • Womack, Sarah: „The Remakings of a Legend. Women and Patriotism in the Hagiography of the Tru’ng Sisters“. In: Crossroads 9.2 (1995), 31-50.

8. Abbildungsnachweise

Zitierweise

Johanna Pink: Dekolonisation. In: Compendium heroicum. Hg. von Ronald G. Asch, Achim Aurnhammer, Georg Feitscher und Anna Schreurs-Morét, publiziert vom Sonderforschungsbereich 948 „Helden – Heroisierungen – Heroismen“ der Universität Freiburg, Freiburg 26.04.2018. DOI: 10.6094/heroicum/dekolonisation